»Wie dem auch sei, die Intentionen der Sezession waren und bleiben edelstes Leitmotiv, das es gerade heute zu beherzigen gilt, scheint doch der Destruktivismus der Avantgarde in den letzten Jahrzehnten mit dem Beuys'schen Schlachtruf «alles ist Kunst und jeder ist Künstler» selbst in die Wiener Akademie der schönen Künste eingedrungen zu sein.«
»Dazu ist die gegenständliche Malkunst in besonderer Weise geignet, da sie differenzierter ist. Sie bildet ja nicht ab, sondern hebt hervor und abstrahiert und macht so sichtbar, was dem normalen Betrachter dieser Welt entgeht. Wie etwa, dass zwischen den vielbetretenen Pflastersteinen der Straßen Leben grünt. Oder - unübertroffen - in den Frauenportraits von Klimt. Welche Würde und Koketterie in der Haltung, in der Sprache der Augen, verschleiert, lockend, geheimnisvoll. Klimts Gemälde sind Huldigungen an die Frau, sehr zum Unterschied von vielen der späteren Bilder Picassos, aus denen Verachtung und brutale männliche Dominanz spricht! Der Künster mach sichtbar, was wir allzu leicht übersehen, er schafft bildnerisch, bildet schöpferisch und der Bildung bedarf es heute mehr denn je, denn wir verlieren in einer Phase der Bevölkerungsexplosion bei zunehmender Ressourcenverknappung, verstärkt durch die Attacken des neuen Destruktivismus gegen die traditionellen Werte, das Gefühl für das Naturschöne und damit auch den Wunsch das zu bewahren, von dem wir letzten Endes abhängen: eine lebensbejahende Umwelt - die soziale Umwelt inbegriffen.«
»Nun hat es auch in früheren Zeiten Brutalität gegeben, man denke an die öffentlichen Hinrichtungen, die zum Schauspiel wurden, aber hatten wir das nicht als überwunden geglaubt? Wie kann dergleichen mit staatlicher Subvention wiederkehren? Man frägt sich, was den neuen Destruktivismus beseelt, Zerstörung um neu aufzubauen? Von konstruktivem Neubeginn merken wir eigentlich wenig. Ich zweifle daher an einer Möglichkeit, die destruktiven Strömungen postitiv zu interpretieren. Aber selbst wenn die Intention als Vorbereitung zu neuem Beginn gemeint wäre, müsste man doch zur Kenntnis nehmen, dass Kulturwandel in der Regel in Schritten erfolgte. Grundsätzlich ist es höchst unwahrscheinlich, dass von einer Generation auf die andere alle kulturellen Traditionen ihren Beitrag zur Überlebenstüchtigkeit einer Gemeinschaft nicht mehr leisten.«
(Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit!
von Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Andechs)
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