Von nicht geringer Bedeutung für die Praxis des Lebens ist es, daß sich aus dem Körperbau, und namentlich aus der Körpergröße, fast gar keine Rückschlüsse ziehen lassen auf die Größe des Phallos bzw. die Länge der Vagina, weshalb es sich gelegentlich nach der Trauung – also zu spät! – herausstellt, daß ein Mann und eine Frau, die sonst einen annähernd übereinstimmenden Körperbau besitzen, in dieser Hinsicht dennoch nicht zusammenpassen. Andererseits ist es auffallend, wie oft eine Ehe zwischen einem besonders großen Mann und einer kleinen Frau auch in sexueller Hinsicht besonders gut geht. Freilich mag dabei der Beschützerinstinkt, der natürlicherweise gerade bei solchen Verhältnissen oft in verstärktem Maß zutage tritt, sich auch in dieser Hinsicht derart geltend machen, daß der Mann eine erhöhte Sorgsamkeit, Vorsicht und Zartheit walten läßt. Es ist aber doch auffallend, wie oft gerade kleine Frauen in diesem Punkt (Aufnahmefähigkeit und Elastizität der Vagina) hohen Anforderungen ohne irgendwelche Schwierigkeit entsprechen können. Ebenso ist es bekannt, daß Frauen von diesem Typus sich meistens auch weiter geschlechtlich besonders tüchtig zeigen. Ich habe dabei nicht nur ihre Grundeinstellung und ihr Betragen beim Coitus im Auge, sondern auch ihr Widerstandsvermögen gegen die körperlichen und psychischen Schwierigkeiten und Anstrengungen, welche die geschlechtlichen Funktionen (Menstruation, Schwangerschaft, Wochenbett) begleiten, ihre Gebärfähigkeit und ihr Stillvermögen – woraus sich gewiß nicht zu Unrecht folgern ließe, daß kleine Frauen erhöhte Aussichten haben und bieten, ideale Gattinnen zu werden.
Dr. Th. H. van de Velde: Die vollkommene Ehe
38. Auflage 1929
S. 192–193
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