All mein leben eße ich abendts salat; mein magen ist gutt undt gantz dran gewohndt, thut mir, gott lob, nie wehe; wen ich nur nichts eße, wo fleischbrüh ahn ist, daß allein kann ich nicht vertragen. Ich mag auch kranck, oder gesund sein, nehme ich mein leben keine fleischbrühe, noch sup; denn es macht mich übergeben undt gibt mir indigestion. I. G.s der churfürst, unßer herr vatter, hatt mich schir einmahl sterben machen, meinte, es were eine fantesie, ließ mir auß gehorsam alle morgendts ein monat lang bouillon nehmen undt ich kotzte (met verlöff, met verlöff, wie die alte Wolzogin alß pflegt u sagen) alle morgen. Ich wurde schwach und dur davon, wie ein scheydt holtz. Der gutte ehrliche Polier erwieße I. G., daß ich es nicht mehr außstehen konte; also gab man mir, ahnstatt ein bouillon, eine gute schüßel voll weinsup, haber mehr sup mitt eßig; daß hatt mich wider zurecht gebracht, sonsten were ich crepirt. Wie ich ahnfangs herkam, meinte Monsieur s. undt alle leütte undt die docktoren hir, man konte nicht ohne bouillon leben. Monsieur bat mich, es zu versuchen. Ich verzählte I. L. wie mirs zu Heydelberg mitt gangen were. Daß half nichts; ich müste es versuchen. Ich kotzte biß auffs bludt. Da schwur Monsieur, er wolte es mir sein leben nicht mehr zumuhten.
Elisabeth Charlotte Herzogin von Orléans, aus einem Brief vom 1. Januar 1719
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