Es besteht immer Anlass zu der Vermutung, dass Menschen, die sich ein Autokennzeichen mit der Zahl 666 an den Wagen montieren lassen, eine wie auch immer geartete Affinität zu antichristlichem Gedankengut haben. Daher war ich heute morgen auch neugierig und wechselte die Fahrspur, um den Lenker des bis dahin vor mir fahrenden nachtschwarzen Opel oder Ford oder VW (ich kann solche Autos nicht gut auseinanderhalten) mit der Tierzahl in Augenschein zu nehmen. Ich war etwas erstaunt, zwei Damen in den 60 vorzufinden, von großer Ähnlichkeit, es mögen Schwestern gewesen sein, beide mit derselben antiquierten Wasserwellenfrisur im gelbweißgrauen Haar. Zunächst wurde meine Theorie über die exzentrischen Persönlichkeiten am Steuer eines 666er–Wagens ins Wanken gebracht, aber ein paar Straßen weiter hatte ich die Lösung: Wenn ich der Teufel wäre und führe zur Erde empor, welche Gestalt würde ich annehmen? So etwas Pinkas–Braun–haftes, mit stechenden Augen und nachtfahlem Kinnbart? Oder ein klumpfüßiger Jugendlicher mit Hang zum Fröscheaufblasen? Männermordende Vampyra vielleicht? Nein das wäre alles zu auffällig und diente nur der Verfestigung von Klischees eines Kategoriendenkens, dass ich (als Teufel) gleich als erstes zerschlagen würde. Wer aber würde von einer doppelten Clementine Ariel erwarten, dass sie des Nachts um die Häuser schleicht, das Blut der unschuldigen Kinder zu vergießen und die Säulen des Himmels zu erschüttern? Die beiden wirkten so, als sei ihr größtes Verbrechen bislang gewesen, dem nächsten Kunden in der Konditorei das letzte Stück Mailänder Torte vor der Nase weggeschnappt zu haben. Eine bessere Tarnung wäre kaum vorstellbar. Der-Teufel-ist-zwei-ondulierte-Schwestern.
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