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Liquidationsdefensive schrieb am 25.5. 2003 um 20:25:00 Uhr über

Demütigung

Die Autobahn schürt ja ungeahnte Aggressionen. Als mir vor einiger Zeit ein LKW arg dicht auf die hintere Stoßstange auffuhr, obwohl ich nicht schneller konnte, und mich der äußerst minimale Abstand irgendwann nervös machte, tippte ich kurz auf die Bremse, also, ohne zu bremsen, sondern nur um kurz die Bremslichter aufblitzen zu lassen. Die Wirkung war befriedigend, der LKW fiel plötzlich und sehr schnell zurück, da sich vermutlich der Fahrer wie gewünscht erschrocken hatte, betätigte dann aber aufgeregt und anscheinend wütend die Lichthupe. Na egal, leck mich am Arsch, selbst in Schuld, dachte ich mir. Der Fall war für mich dann vergessen und ich musste von der Autobahn runter. Der LKW zufällig auch, zufällig bog er auch rechts ab und ganz zufällig nahm er die gleichen Straßen in die Stadt. An einer Ampel hielt ich an, der LKW hinter mir. Plötzlich gingen beide Türen des Fahrzeugs auf, ich sehe im linken Außenspiegel einen Schrank von Kerl sich nähern und im rechten Außenspiegel einen zweiten Schrank. Der LKW war von einer Umzugsspedition, wie ich mittlerweile festgestellt hatte, und seine Fahrer zwei Möbelpacker. Statt nun aber meine Türen von innen zu verrammeln, dachte ich mir, wunderbar, da kann ich ihnen mal ihr Vergehen darlegen und mein Gefühl von Bedrohung durch ihr aufgerücktes Fahrzeug ihnen vor Augen führen. Völlig klarerweise bin ich ja im Recht. Ich schraube also die Scheibe runter, drehe den Kopf zur Seite, um meine Rede gegenüber dem Herannahenden zu eröffnen, und ... habe plötzlich eine Faust in der Fresse. Wortlos schlägt der Rächer noch mit der flachen Hand auf das Dach, dass es nur so scheppert, und rechts donnert die Faust seines sicherlich ebenbürtigen Kollegen an die Scheibe. Dann entfernen sich die beiden, wie sie gekommen waren, und erreichen mit perfektem Timing ihr Fahrzeug, als die Ampel grün schaltet, und der Verkehr und ich weiterrollen. Auf wunderbare Weise trennten sich kurz darauf unsere Wege. Eine solche Vereitelung meines Plans in Sekundenschnelle war ein herber Schlag, der in mir ein empörtes Würgegefühl zurückließ. Ich hätte wohl heute ein schwer gestörtes Verhältnis zur ganzen Zunft der Möbelpacker, wenn ich meine Erinnerung an die Geschichte nicht stets mit der Imagination von Stan und Ollie mit Klavier und auf dem mühseligen Weg der tausend Stufen zudecken würde. Möbelpacker haben es eben auch nicht leicht im Leben.


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