Friedrich Wilhelm II., König von Preußen, war als der älteste Sohn des Prinzen August Wilhelm, ältesten Bruders Friedrichs II., am 25. Septbr. 1744 in Berlin geboren. Die Mutter, Louise Amalie, Prinzessin von Braunschweig, war eine Schwester der Gemahlin Friedrichs II. Die königliche Ungunst, welche nach dem unglücklichen Rückzug der Armee aus Böhmen 1757 den Vater getroffen, begleitete auch nach dessen schon 1758 erfolgten Tode den nunmehrigen Prinzen von Preußen. Friedrich wandte seiner Erziehung nur geringes Interesse zu. Bis 1764 bildeten der geistig sehr begabte und anregende Schweizer Nikolaus Beguelin, vordem Professor am Joachimsthal’schen Gymnasium, und ein Oberstlieutenant v. Brede des Prinzen Umgebung; 1762 ließ ihn der König ins Hauptquartier nach Breslau kommen; er behielt ihn während der Belagerung von Schweidnitz bei sich; 1769 und 70 befand sich F. W. in Friedrichs Begleitung bei dessen Zusammenkünften mit Joseph II. in Neiße und Mährisch-Neustadt. Vorträge, die dem Prinzen de la Haye de Launay, Roden und Wöllner über die Verwaltungspraxis des Landes hielten, unterrichteten ihn nur oberflächlich. – Eine 1765 vollzogene Verheirathung mit Elisabeth Christine[WS 5], der Tochter des Herzogs Karl von Braunschweig, Schwester des Feldmarschalls Karl Wilhelm Ferdinand, wurde bereits 1769 durch Richterspruch getrennt; die Prinzessin erhielt Stettin zum Wohnorte angewiesen, sie starb erst 1840. – Eine bald nach Lösung der ersten Ehe geschlossene zweite Verbindung des Prinzen mit Friederike Louise, Tochter des Landgrafen Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt, wurde für ihn kein fesselnderes Band, obwol sie ihm zahlreiche Nachkommenschaft gab. Die Maitresse Wilhelmine Enke, Tochter eines Mitglieds der königl. Capelle, auf Andringen Friedrichs II. dem Kammerdiener Rietz[WS 7] ohne Trauung verbunden und unter der späteren Regierung Friedrich Wilhelms zur Gräfin Lichtenau erhoben, genoß andauernd maßloses Vertrauen und tiefgreifenden Einfluß. Sie war, wenn auch ohne wirkliche Erziehung und Bildung, doch geistig reich begabt, dabei F. W. innig ergeben, zugleich aber intrigant und herrschsüchtig. – Die äußere Erscheinung des Prinzen imponirte: eine hohe Gestalt, männliche Schönheit und Würde gewann ihm die Herzen; sein Antlitz trug edle Züge und einen Ausdruck freundlichsten Wohlwollens. Ritterlichen Muthes und gutherzigen Sinns war er idealen Regungen sehr zugänglich, er hatte Verständniß für Kunst und namentlich für Musik; Mozart und Beethoven erfreuten sich seiner Gunst; seine Capelle unter Righini und Himmel hatte europäischen Ruf. Er war nicht ohne Urtheil und hatte mannigfache Kenntnisse; er dachte besser als er sprach; indessen jeder Zucht entgangen, die von anstrengender Arbeit ausgeht, ohne charaktervolle Selbständigkeit den verführenden und verflachenden Einflüssen einer ungezügelten Sinnlichkeit erlegen, fehlten ihm Spannkraft und Consequenz; er ermüdete rasch und war den Ansprüchen einer nachhaltigen und eingehenden Thätigkeit nicht gewachsen. Während des baierischen Erbfolgekriegs hatte Friedrich II. sich ihm zugänglicher bezeigt; 1780 sandte er ihn mit einer vertraulichen Mission zur Kaiserin Katharina nach Petersburg. Die Anknüpfungen Oesterreichs, die Joseph eben persönlich dort aufgenommen hatte, schienen im Interesse Preußens eines Gegengewichts zu bedürfen; die Kaiserin erwies indessen dem Prinzen wenig Aufmerksamkeit, der Zweck seiner Reise wurde nicht erreicht. Friedrich fühlte sich unangenehm berührt; er sah mit Besorgniß auf seinen Nachfolger und auf dessen Umgebung und gab dieser Gesinnung wiederholt entschiedenen Ausdruck.
|