Meines Wissens... ...ist »Dekadenz« ein Wort, dass ursprünglich vom Gelehrten Gibbon in seinem Werk über das römische Reich verwendet wurde. Es beschreibt einen Zustand des kulturellen Verfalls, der sich auf moralische, intellektuelle und auch politische Werte beziehen kann. Als Auslöser dafür wird zumeist etwas kulturelles oder politisches impliziert, selten oder nie wirtschaftliche Ursachen oder schlicht Katastrophen. Dekadenz lässt sich schlüssig nur im Nachhinein beweise und selbst dann unterliegt es einer gewisse Wertung. Will man eine gegenwärtige Kultur der Dekadenz bezichtigen, schwingt notwendigerweise eine subjektive Wertung mit. Beispielsweise schrieben die Publikationen in der Sowjetunion der 50er Jahre dem »imperialistischen« »spätkapitalischen« Westen Dekadenz zu. Da ist von »bürgerlichen Formalismus« die Rede, es werde der »Klassenstandpunkt« in der Literatur, Kunst usw. nicht berücksichtigt. Potenziell alles, was der Westen an neuen Moden hervorbringt ist ein Symptom für den Niedergang. Leider ist da überhaupt nix dran. Die westliche Musik ist heute extrem beliebt, westliche Kunst gilt als Vorbildlich und den SozialistischenRealismus ließt heute niemand mehr. Es war also die Sowjetunion, die zu dem Zeitpunkt dekadent war. * Der Bücherverlust in der Antike, der Aufstieg der Religion quasi im gesamten Ostreich und der Zusammenbruch der Verwaltung im Westreich sehen heute allerdings sehr »dekadent« aus.