Japans grenzenloser Walmord
Unter dem Deckmantel der Wissenschaft - ein Schlupfloch, das die Internationale Walfang-Kommission (IWC) gewährt - erklärte nun Japan, in diesem Jahr auch die Jagd auf Seiwale im Nordpazifik zu eröffnen.
Diese Walart ist auf der Roten Liste der International Union for the Conservation of Nature (IUCN) als bedrohte Art aufgelistet, für die ein großes Risiko besteht, in der nahen Zukunft auszusterben. Schuld an ihrem Rückgang war die frühere Waljagd der Japaner. Bis 1976 hatten sie die Seiwale fast ausgerottet. Dann wurde die Jagd auf die Großwale durch die IWC verboten.
Die Begründung für die tödlichen, angeblich nötigen wissenschaftlichen Untersuchungen ist absurd: Seiwale sollen ebenso wie andere Walarten gejagt werden, um nachzuweisen, dass sie für den massiven Rückgang der weltweiten Fischbestände verantwortlich sind. Die japanische Fischereibehörde FAJ vertritt die Ansicht, ihren Fischern gingen immer weniger Fische in die Netze, weil die Wale so große Mengen Fisch fressen würden. Ein Zusammenhang zwischen der riesigen japanischen Fischfangflotte, der weltweiten Überfischung durch immer effektivere Fischfangmethoden und dem Rückgang der Fischbestände wird anscheinend nicht in Betracht gezogen. Während andere Fischereinationen und auch die Welternährungsorganisation FAO empfehlen und versuchen, die Überfischung durch Einführung von Quoten und selektiveren Fangmethoden in den Griff zu bekommen, um eine Erholung der Bestände und nachhaltige Nutzung zu gewährleisten, sucht Japan die Schuld bei anderen Lebewesen, die es in Jahrtausenden nicht geschafft haben, die Fischbestände derart zu dezimieren wie der Mensch in kürzester Zeit.
Der wahre Grund für das Abschlachten der geschützten Meeressäuger ist offensichtlich. Seiwale gehören zu den größten Walarten und haben einen sehr hohen Fleischanteil, den sich die Japaner zu nicht unerheblichen Preisen schmecken lassen wollen. Wie ihr Name schon vermuten läßt, ernähren sich Seiwale im übrigen hauptsächlich von Krill und anderen Krustentieren. Das Nahrungsspektrum kann ebenso nicht-lethal mit Hilfe von DNA-Analysierung des Walkots exakt bestimmt werden.
Japan ist jedes Mittel recht, um seine Walfangpolitik gegen internationale Interessen durchzusetzen. Neben dem jahrelangen Fang von Zwergwalen stehen mittlerweile Pott- und seltene Brydewale und nun Seiwale auf der Abschussliste. Japan versucht, das Walfangmoratorium auf der kommenden Tagung der IWC, die vom 20 bis 24. Mai 2002 ausgerechnet in der japanischen Hafenstadt Shimonoseki stattfindet, zu kippen.
Die Absicht Japans, die Wale wieder uneingeschränkt auszubeuten, zeigt sich ebenso in der kurz vor Redaktionsschluss eingetroffenen Meldung: Trotz des internationalen Handelsverbots durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) will das reiche »Land der aufgehenden Sonne« von April an Zwergwalfleisch aus Norwegen importieren. Das wäre das erste Geschäft mit Walfleisch nach einer fast fünfzehnjährigen Pause. Beide wohlhabenden Länder ignorieren die Resolutionen der internationaler Schutzabkommen, denen sie sich angeschlossen haben, und setzten sich selbst jedes Jahr höhere Walfangquoten.
Denise Wenger
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