CRANZ, David, Lehrer, Missionar und Historiker der Herrnhuter Brüdergemeine; Weggefährte und Sekretär Zinzendorfs. - * 3.2. 1723 in Naugard/Hinterpommern, † 6.6. 1777 in Gnadenberg/Niederschlesien. C. stammte aus ärmlichen Verhältnissen und verlebte keine glückliche Kindheit. Vom Vater entlassen, wurde er im Haus eines Pfarrers erzogen, der ihn pietistisch beeinflußte. 1738 begann er in Halle Theologie zu studieren und geriet dort unter den Einfluß Herrnhuter »Soldatenbrüder«, die ihn wahrscheinlich ermutigten, im Mai 1740 das Studium in Herrnhaag fortzusetzen. Bereits im Juni wurde er Mitglied der Gemeine. Ein Jahr später zählte er bereits zum engeren »Pilgerkreis« der Brüder-Unität, der Zinzendorf auf seiner Reise nach Genf begleitete. Ab Herbst 1741 wirkte er als Lehrer an der Kinderanstalt in Herrnhut und besorgte als Schreiber in Lindheim die »Kopierung« der Gemeindenachrichten. 1747 ernannte ihn Zinzendorf zu seinem Stenographen. An der Großhennersdorfer Regierungskommission von 1748, die den verbannten Zinzendorf und sein Werk rehabilitierte, nahm er als Protokollant teil. Im Herbst des Jahres folgte er dem Grafen nach London, wo die Brüderkirche vom Königshaus anerkannt worden war. In London widmete er sich im »Jüngerhaus« der Vervielfältigung des »Diariums«, indem er Zinzendorfs Reden und die verschiedensten Nachrichten aus den Gemeinden schriftlich festhielt und verbreitete. Er führte eine umfangreiche Korrespondenz. Außerdem war er ständiger Begleiter Zinzendorfs. 1756 erfolgte die Rückkehr nach Herrnhut. Weitere Reisen im Dienst des Grafen folgten (Schweiz). - 1758 übernahm C. die Stelle des »Brüderpflegers« und Deutschlehrers der Anstalt in Neuwied. Ein Jahr später erteilte ihm Zinzendorf den Auftrag, nach Grönland zu reisen. Die ersten Herrnhuter Missionare waren 1733 nach Grönland entsandt worden und hatten dort - nach St. Thomas auf den Westindischen Inseln - einen zweiten Missionsposten mit dem Namen »Neu-Herrnhut« errichtet. C. fiel die Aufgabe zu, eine Geschichte der Grönländer Brüdermission zu schreiben. C. blieb ein Jahr in Grönland (1761/62), wo er Material für sein Buch sammelte und Einheimische, Kaufleute und Missionare befragte. Mit seiner »Historie von Grönland« (1765) wurde er weltbekannt. Das Erscheinen des Buches stellte einen Wendepunkt in der Historiographie der Brüder dar, die sich nun durch mehr Sachlichkeit das Ansehen der Gelehrtenwelt sicherte. Noch bevor die Grönlandhistorie abgeschlossen war, erhielt C. auf der Synode von Marienborn 1764 den wichtigen Auftrag, eine Geschichte der alten (mährischen) und neuen Brüder-Unität (Unitas Fratrum) zu verfassen. Unterdessen heiratete der 42jährige, der zeitlebens kränklich war, Agnes Lange in Herrnhut (1765). Aus der Ehe gingen drei Söhne hervor. Neben seiner Schreibarbeit war er seit 1766 erstmals Prediger einer Gemeinde in Rixdorf, dem heutigen Neukölln bei Berlin. 1769 kehrte er nach Herrnhut zurück. 1771 wurde er als Geistlicher nach Gnadenfrei/Oberschlesien berufen, wo er sich besonders der Diakoniearbeit annahm. In diesem Jahr erschien auch seine grundlegende »Alte und Neue Brüder-Historie«. Sowohl in Rixdorf als auch in Gnadenfrei schrieb er eine Geschichte der jeweiligen Ortsgemeinden, die jedoch unveröffentlicht blieb. 1777 starb er auf der Rückreise von einer Herrnhuter Predigerkonferenz in Gnadenberg, wo er auch begraben wurde. - C. schuf mit seiner Geschichte der Brüder-Unität ein Standardwerk, das »keine Apologie« darstellen sollte. Freilich ist unter dem Einfluß seiner Zeit die Gegnerschaft zum Pietismus in Halle deutlich spürbar.
|