Ganz früher hörte man im Fernsehn davon, meistens in Krimis. »Ich hab eine Fotokopie machen lassen und an einen sicheren Ort gebracht!« spricht einer in die Kamera und grinst hämisch. Dann brachte der Papa mal welche von der Arbeit mit. Meistens komplizierte Zeichnungen und Diagramme. Er erklärte umständlich, wie »fotokopieren« funktioniert, und wie aufwändig so ein Kopiergerät doch ist. In der Schule gabs nur diese Walzenabzüge auf blassgelbem Papier mit merkwürdig verschwommenen, violetten Buchstaben. Es mußten Matrizen betippt werden, und vom Hausmeister auf so eine Rolle gespannt werden, und dann mußte man kurbeln. Es roch merkwürdig nach Marzipan bei diesem Vorgang - und die »Abzüge« rochen auch. Und dann gabs irgendwann die ersten Kopierer: in der Schule, in der Stadtbücherei, und natürlich auch auf m »Amt«. Kopien waren sündhaft teuer, ne Mark, n Fuzzicher, doch bald nur noch 20 und 10 Pfennige - im Copyshop wars noch billiger. Da hingen dann coole Typen herum und die Kopierer wurden immer größer und geiler. Sortierten, vergrößerten und verkleinerten. Kopien der Texte von Rilke und Reiner bzw. Heinz-Rudolf Kunze hingen an studentischen Schlafzimmerwänden. Und bald gabs die Copycard aus Pappe mit dem Magnetstreifen, und es gab 5% Rabatt, wenn man eine 100er kaufte. Und es wurde kopiert wie Sau: Bücher, Klausuren, Hausarbeiten - Unmengen wurden da raubkopiert in den Copyshops und an der Uni. Nur die Jurastudenten hatten ein gutes Gewissen - eine Kopie ist nämlich für private Zwecke erlaubt. Das wußte damals aber kaum einer (ausser den Jurastudenten) und deswegen waren wir alle ein wenig kriminell, aufsässig, leisteten Widerstand gegen den Kapitalismus oder so, irgendwie halt ... ist das alles vorbei, Geschichte. Und so auch die Copycard, die anderthalb Jahrzehnte einen Stammplatz in unseren Geldbeuteln hatte. Ein paar Jahre gabs noch son Kreditkartenähnliches Plastikteil - dann war sie fort, aus, Schluß und vorbei. Heute fliegen die pdf-files zu Fastilliarden um den Erdball und um Raubkopien mit der Copycard kümmert sich kein Schwein mehr - es geht um mp3-files und Software, und für die gibts nun mal keine Copycard, sondern höchstens ein Copyright, aber das ist wohl wieder ein anderes Thema.
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