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Die Welt schrieb am 25.7. 2015 um 18:13:57 Uhr über

ColinPowell

Er war der erste Afro-Amerikaner, der es bis knapp an die Spitze der amerikanischen Republik schaffte. Colin Powell, geboren 1937. Nach einer glanzvollen militärische Karriere wurde er Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs und dann, nach dem Ausscheiden aus dem Militär, Außenminister in der Regierung von George W. Bush.

Entscheidend trug Powell dazu bei, die Vereinigten Staaten und die Welt durch die Erschütterungen nach dem Schrecken des 11. September 2011 zu steuern, und befürwortete den Krieg in Afghanistan gegen al-Qaida, Osama Bin Laden und die Taliban.

Doch die Rede, die er an einem dunklen Februartag vor zehn Jahren an 1 UN Plaza in New York vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hielt, wurde ihm zum Schicksal, zur moralischen Bürde und, zuletzt und vor allem, zur Tragödie Amerikas. Denn sie rechtfertigte nach dem notwendigen Krieg in Afghanistan den un-notwendigen Krieg gegen den Irak des Saddam Hussein.

Druck aus dem Weißen Haus

Im US-State Department hatte man lange daran gearbeitet und Informationen von verschiedenen Geheimdiensten eingearbeitet, amerikanischen und befreundeten, darunter auch vom deutschen Bundesnachrichtendienst. Die Amerikaner, und sie nicht allein, trauten damals dem starken Mann von Bagdad, Saddam Hussein, alles zu. Aus dem Weißen Haus kam starker Druck neokonservativer Strategen, eine kraftvolle Begründung für den Krieg zu liefern, der im Kern der Bush-Regierung so gut wie beschlossen war.

Hatte Saddam nicht Nuklearrüstung betrieben, bis israelische Jagdbomber 1981 denvon Frankreich gelieferten - Reaktor von Osirak zertrümmerten? Hatte der Schwiegersohn, hochrangiger Militär, nicht den Jordaniern und der CIA ein geheimes Biowaffen-Programm offenbart? Hatte Saddam nicht rebellische Kurden im Norden mit Chemiewaffen zu Tausenden umgebracht?

Hatte er nicht zehn Jahre lang gegen Iran einen Raketen- und Panzerkrieg geführt? Hatte er nicht der Familie jedes jungen Arabers, der in Israel ein Selbstmordattentat durchführte, einen satten fünfstelligen Dollarbetrag versprochen? Und verfügte er nicht über unerschöpfliche Mittel aus dem Ölgeschäft?

Die Sanktionen versagten

Mit einem Wort, Saddam war alles zuzutrauen. Auch der Einsatz von Massenvernichtungswaffen, ob biologisch, chemisch oder nuklear. Die internationalen Sanktionen wirkten kaum noch. Die Durchsetzung der Flugverbotszone durch Briten und Amerikaner war nicht auf ewig durchzuhalten. Saddam selbst erhielt von seinen Gefolgsleuten, wie spätere Aktenfunde zeigten, Berichte über Waffenprogramme, die ihm Erfolge und Machtpotenziale vorspiegelten, die es in der Wirklichkeit nicht oder nur zu Teilen gab.

In dieser Lage hielt Powell eine Rede, die Ouvertüre zu dem Krieg wurde, der sich am Persischen Golf zusammenbraute. Die Regierung in Washington wollte damit nicht nur der eigenen Bevölkerung eine Begründung liefern für die ultima ratio, sondern auch die Verbündeten unter Druck setzen.

Hätte alles gestimmt und auf die Dauer Zweifeln und Einwänden standgehalten, an denen es von Berlin und Paris bis Moskau und Peking nicht fehlte, prinzipiell und von Anfang an, dann hätte Powell der Welt einen nachhaltigen Dienst erwiesen. Aber die fahrbaren Labors für biologische Waffen gab es offenbar gar nicht, und ähnliches galt für den »Yellow Cake«, den Rohstoff aus Niger für die Uran-Anreicherung auf kernwaffenfähige Dichte.

Verheerende Folgen

Selbsttäuschungen sind noch gefährlicher als Täuschungen. Spielte Powell ein Spiel mit, das er in seinen Grundlagen und Folgen nicht durchschaute? Oder ließ er Fünfe gerade sein? Letzteres war nicht seine Art. Die Rede in den Vereinten Nationen jedenfalls ebnete den Weg vom Flugverbot zum Krieg und vom Krieg zum Sturz des Saddam-Regimes.

Damit allerdings auch zu einem Bürgerkrieg, der das Zweistromland bis heute heimsucht und die Region noch immer destabilisiert. Es war ein Krieg, der Amerikas Glaubwürdigkeit für lange Zeit untergrub, der Zehntausende von Toten kostete, die US-Streitkräfte aushöhlte und die Finanzkraft der führenden Wirtschaftsmacht der Welt untergrub.

Powell hat Jahre später für moralische Klarheit gesorgt und seine Distanz zu George W. Bush und seinen Beratern markiert. In den letzten Wochen hat er Chuck Hagel unterstützt als Kandidaten für die Leitung des Pentagon, der bekannt ist für Skepsis gegenüber der Kriegstrompete. Powell ist heute Elder Statesman, eine Stimme der Vernunft. Aber das Echo der Rede, die er vor zehn Jahren vor der Weltöffentlichkeit hielt, ist noch lange nicht verstummt.


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