Mitternacht vorüber, ich bin der einzige Gast im »Roadhouse« (Las Acacias, Guajira, Colombia) und Coco ist froh, dass ich noch ausharre.
Sie mag ihr »Roadhouse« nicht abschließen. Nach Hause gehen. Sich neben ihren schlaftrunkenen Toto legen. Und einfach nicht einschlafen können. Todmüde sein, aber nicht einschlafen können.
Wir beide schweigen. Sie tanzt vor sich hin. Tangos von Piazzolla. Ich schreibe Tagebuch.
Immer wieder zieht es mich abends ins »Roadhouse«, es kann kein Zufall sein, dass dann immer Donnerstag ist. Ich sehe Nuo Ling am Fenster sitzen, deutsche Sprache lernen. Bin dann sicher: es ist Donnerstag.
Zwischendurch legt Nuo Ling sein Heft hin und lehnt sich zurück.
Nickt mit dem Kopf, nickt, nickt, Augen geschlossenen.
Dann (und einem kleinen Seufzer) beugt er sich wieder vor, schaut ins Heft. Manchmal hebt es hoch, knallt es auf den Tisch.
Hätte ich, 13 Jahre alt, nur auch so gelernt. Genau zwanzig Worte sollen neu hinzukommen, jeden Donnerstag, und alle schon gelernten werden memoriert.
Memorieren. Sich ins Gedächtnis rufen. So, wie andere die Muskeln trainieren. »Jetzt bin ich schon auf 20«, sagte Nuo Ling mir stolz, »am Anfang waren es nur 5!«
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