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Dramaten schrieb am 22.10. 2010 um 20:25:14 Uhr über

Chinesen

DIE DREI CHINESEN, FOLGE NUMMERO SIEBEN, TEIL DREI

»Bitte, bitte, lassen Sie sich nicht bitten!«, sagt der Polizeipräsident scheinbar freundlich, jedoch mit listigem Blinken in den Augenwinkeln. Er hat für heute Abend mehrere Tests sorgfältig installiert, bevor er zuschlägt. Denn er muss Gewissheit haben. Das Essen gehört auch dazu.
»Danke, das ist sehr freundlich von Ihnen!«, sagt der zu große Chinese und wirft sich auf die Schlachteplatte mit Sauerkraut und Wurst und fängt an, sie in sich hineinzustopfen, genau wie bei Dürrenmatt. Der Polizeipräsident blinkt zufrieden unter seiner riesigen Schirmmütze, die er auch beim Essen aufbehält, während er selbst sich an die Peking-Ente wendet, die auf den Tisch drapiert ist. Ein echter Chinese hätte ja gewiss die Ente auserwählt. Es scheint also so zu sein, wie der Präsident sich das gedacht hat. Der kleine Chinese bekommt gar nichts ab und schaut nur konzentriert in die Röhre. Er beobachtet aufmerksam und macht sich in einem Kopf Notizen.

»Sie sprechen unsere Sprache aber sehr gut!«, lobt der Polizeipräsident beiläufig, während er die Ente tranchiert. »Auch das 'R' beherrschen Sie, wobei das ja für Ihr Volk gar nicht so einfach sein sollEr klingt jetzt ein wenig lauernd, was der kleine Chinese sofort notiert.

Der Große währenddessen hat die Backen voller Sauerkraut. Zwei Wurstenden linsen und grinsen aus seinen Mundinkeln und das Fett läuft runter.
»Ja«, sagt er unverschämt mit vollem Mund, »isch hatte aber auch eine scher gute Schprachlehrerin.«
»Aha«, sagt der Polizeipräsident gönnerhaft, »wie hieß sie denn, das Fräulein Sprachlehrerin? Vielleicht kenne ich sie ja
Der große Chinese ist gerade dabei, die Wurst mit Unmengen von dem schweren Rotwein zu bekämpfen, die er in sich hineinlaufen lässt. Natürlich geht viel auf die Serviette, die er sich um den Hals gebunden hat. »Das ggglaube ich nicht«, gurgelt er, »sie hatte so einen wie sagt man, Allerweltsnamen: Mathilde Wesendonck...« 'Aha', denkt sich der Polizeipräsident, und muss es halblaut wiederholen, damit das Publikum auch begreift, was vor sich geht. »Aha. Das ist der nächste HinweisDann fügt er laut an: »Aber ihr kleiner Freund hier«, und damit deutet er auf den anderen Chinesen, »scheint in unserer Sprache ja noch nicht so bewandert zu sein.« »Oh doch«, sagt der große Chinese und stochert mit einem Knochen nach der Wurst, die immer noch im Halse steckt und kämpft, »er spricht sogar sehr gut. Nur nicht mit Ihnen, Herr Präsident, denn er ist Sozialist...« »Soso«, runzelt der Polizeichef da die Stirn, »das wird seiner Majestät dem Kaiser aber gar nicht gefallen...« »Welchem Kaiser?«, sagt der große Chinese jetzt befreit, denn die Wurst ist runtergefallen in den Magen hinein, »Heinrich dem Vierten? Den hat der Papst kürzlich in den Bann getan. Er ist also aus dem Spiel, um es mal so zu sagen. In Cabanossa war das, wo der Herr Präsident ja auch gelegentlich sich aufzuhalten pflegt...« Nun wird der Polizeipräsident etwas blass, lässt sich das aber nicht anmerken. Er fühlt sich ein wenig ertappt und schaut umher. Der kleine Chinese hat es gemerkt und sich im Kopf eine weitere Akte angelegt.
»Nein, ich meine natürlich unsere Majestät Friedrich Wilhelm den Vierten von Preußen...«, versucht er seine Unsicherheit zu überspielen.
»Der?«, fragt der große Chinese, während ihm das Sauerkraut aus den Ohren kommt und er es zurückdrückt, »da kann ich den Herrn Präsidenten aber beruhigen. Friedrich Wilhelm der Verte hat die deutsche Kaiserkrone gerade vorhin abgelehnt. Wir schreiben ja das Jahr 1848 und da muss ich es wissen. Ich war ja fast selber in der Paulskirche dabei...«
»Der kennt sich aber verdächtig gut in deutscher Geschichte aus für einen Chinesen!«, murmelt der Präsident halblaut unter seiner Mütze, aber der kleine Chinese hat es gehört.
»Aber um auf Cabanossa zurückzukommen«, gießt sich der große Chinese ein halbes Glas Rotwein auf die Serviette, dass das Fett nur so spritzt, »da habe ich doch bei meinem letzten Besuch etwas Ulkiges gefunden. Kommt dem Herrn Präsidenten vielleicht DAS hier bekannt vor
Und damit holt er plötzlich ein abgerissenes Hosenbein unter dem Tisch hervor und schleudert es auf denselben.
Der Polizeipräsident Ernst Kuzorra wird nochmal etwas bleicher, was der kleine Chinese eifrig aufnimmt.
»Nein!«, sagt der Präsident mit überschnappender Stimme, »nehmen sie das weg. Es überträgt wahrscheinlich Bazillen. Wo haben sie das her
»Oh«, sagt der große Chinese, »das ist meine Sache. Es war nur ein kleines Experiment, verzeihen Sie bitte, Euer Gnaden.« »Na gut«, sagt der Präsident, der die Ente nur halb aufgekriegt hat und sich jetzt den Mund wischt. »Aber spielen Sie keine Spielchen mit mir, das sage ich Ihnen...«

Dann wird der Bildschirm mal wieder schwarz und der Vorhang geht zu, weil die Seite im Computer gewechselt werden muss. Wir sind aber gleich wieder da mit DIE DREI CHINESEN, FOLGE 7, TEIL IV.


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