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gats schrieb am 30.5. 2003 um 02:08:28 Uhr über

Chaosmos

von etwas anderem. Schreiben hat nichts mit Bedeuten zu tun, sondern damit, Land - und auch Neuland - zu vermessen und zu kartographieren.
Ein erster Buchtyp ist das Wurzel-Buch. Der Baum ist bereits das Bild der Welt, oder vielmehr, die Wurzel ist das Bild des Welt-Baums. Es ist das klassische Buch als schöne Innerlichkeit, organisch, signifikant und subjektiv (die Schichten des Buches). Das Buch ahmt die Welt nach wie die Kunst die Natur: mit seinen eigenen Verfahrensweisen, die das zu einem guten Ende führen, was die Natur nicht oder nicht mehr vollenden kann. Das Gesetz des Buches ist das Gesetz der Reflexion: das Eine, das zwei wird. Warum sollte das Gesetz des Buches in der Natur liegen, wenn es doch gerade die Teilung zwischen Welt und Buch, Natur und Kunst vornimmt? Aus eins wird zwei: jedesmal wenn wir dieser Formel begegnen, ob sie nun von Mao strategisch ausgesprochen oder ob sie so »dialektisch« wie möglich verstanden wird, haben wir es mit dem reflektiertesten und klassischsten, mit dem ältesten und am meisten ausgelaugten Denken zu tun. Die Natur verhält sich nicht so: die Wurzeln sind dort Pfahlwurzeln mit zahlreichen seitlichen und kreisförmigen, aber keinesfalls dichotomischen Verzweigungen. Der Geist bleibt hinter der Natur zurück. Selbst das Buch als natürliche Realität gleicht mit seiner Achse und den sich darum herumrankenden Blättern einer Pfahlwurzel. Das Buch als geistige Realität dagegen, der Baum oder die Wurzel als Bild, bringt unaufhörlich dieses Gesetz hervor: aus eins wird zwei, aus zwei wird vier... Die binäre Logik ist die geistige Realität des Wurzel-Baumes. Selbst eine so »fortgeschrittene« Disziplin wie die Linguistik behält das grundlegende Bild des Wurzel-Baumes bei und bleibt damit dem klassischen Denken verhaftet (Chomskys syntagmatischer Baum geht von einem Punkt S aus und wird durch Dichtomien erweitert). Mit anderen Worten, dieses Denken hat die Mannigfaltigkeit nie begriffen: um auf geistigem Wege zu zwei zu kommen, muß es von einer starken, grundlegenden Einheit ausgehen. Und vom Objekt aus gesehen kann man auf natürlichem Wege zwar direkt von dem Einen zu drei, vier oder fünf gelangen, jedoch immer unter der Voraussetzung einer starken, ursprünglichen Einheit, jener Hauptwurzel, die die Nebenwurzein trägt. Das bringt uns aber auch nicht weiter. Die binäre Logik der Dichotomie ist nur durch bi-univoke Beziehungen zwischen aufeinanderfolgenden Kreisen ersetzt worden. Auch die Hauptwurzel kann die Mannigfaltigkeit nicht besser erfassen als die dichotomische Wurzel. Die eine wirkt im Objekt, während die andere im Subjekt wirkt. Die binäre Logik und die bi-univoken Beziehungen beherrschen selbst noch die Psychoanalyse (der Baum der Wahnvorstellungen in Freuds Interpretation des Falles Schreber), die Linguistik und den Strukturalismus, sogar die Informatik.

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Das Nebenwurzel-System oder das Wurzelbüschel ist die stalt des Buches, auf die unsere Moderne sich gern beruft. Fall ist die Hauptwurzel verkümmert, ihr Ende ist abgest schon beginnt das wilde Wuchem einer Mannigfaltigkeit v wurzeln. Hier kommt die natürliche Realität in der Verküm Hauptwurzel zum Vorschein, aber dennoch bleibt ihre vergangene, künftige oder zumindest mögliche bestehen. muß sich fragen, ob die geistige und reflektierte Realität sache nicht dadurch kompensiert, daß sie ihrerseits auf eine nen, aber noch umfassenderen Einheit, einer noch extensiv lität beharrt. Man könnte an die Methode des (1-ut-up bei denken: wenn ein Text mit einem anderen zusammengesch entstehen zahlreiche Wurzeln, sogar wild wachsende (man Ablegern sprechen), wodurch den jeweiligen Texten eine hinzugefügt wird. In dieser zusätzlichen Dimension des schnitts setzt die Einheit ihre geistige Arbeit fort. So ges auch ein äußerst zerstückeltes Werk noch als Gesamtwerk Magnum angesehen werden. Die meisten modernen Me Produktion von Serien oder zur Vergrößerung einer Mann sind durchaus geeignet, in eine zum Beispiel lineare Ri weisen, während sich die totalisierende Einheit in ein Dimension, nämlich in einem Kreis oder einem Zyklus, u durchsetzt. Immer wenn eine Mannigfaltigkeit von einer faßt wird, wird ihr Wachstum durch eine Verringerung der onsgesetze kompensiert. Die Verhinderer der Einheit s Engelmacher, do(-toi-es angelici, denn sie bestätigen eine höhere Einheit. Die Wörter von Joyce, von denen zu R wird, sie hätten »viele Wurzeln«, können die lineare Einhei tes oder gar der Sprache nur insofern durchbrechen, als sie zyklische Einheit des Satzes, des Textes oder des Wissens zen. Nietzsches Aphorismen können die lineare Einheit d nur durchbrechen, indem sie auf die zyklische Einheit d Wiederkehr verweisen, die dem Denken als etwas Nichtge genwärtig ist. Mit anderen Worten, ein System von Wur bricht in Wirklichkeit nicht mit dem Dualismus, mit plementarität von Subjekt und Objekt, von natürlicher un Realität: im Objekt wird die Einheit fortwährend hintert vereitelt, während sich im Subjekt ein neuer Typus von Ein setzt. Die Welt hat ihre Hauptwurzel verloren, das Subjekt einmal mehr Dichotomien konstruieren, sondem gelang höheren Einheit, einer Einheit der Ambivalenz oder Über rung in einer Dimension, die zu der des Objektes immer als hinzukommt. Die Welt ist zwar ein Chaos geworden, doc bleibt Bild der Welt, Nebenwurzel-Chaosmos statt Wurz



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