Leuna-Akten aus Kanzleramt verschwunden
Da hat jemand offenbar besonders gründlich aufgeräumt. Seit Anfang Dezember suchen Mitarbeiter des Bundeskanzleramts Akten zum Verkauf der Leuna-Raffinerie an den französischen Ölkonzern Elf Aquitaine. Die Papiere scheinen spurlos verschwunden zu sein.
Berlin - Die Sichtung der Papiere sei noch nicht abgeschlossen, sagte ein Regierungssprecher am Samstag zu einem ARD-Bericht, nach dem Leuna-Akten aud der Ära Kohl verschwunden seien. Erst nach Ende der Suche werde der Untersuchungsausschuss und dann die Öffentlichkeit informiert.
Es gebe zwar Aktenzeichen über die Leuna-Vorgänge, meldet der ARD-»Bericht aus Berlin«. Die dazu gehörenden Akten aus der Zeit der Kohl-Regierung seien jedoch trotz langer Suche bisher nicht gefunden worden.
»Etwas genauer suchen«: Kohls Kanzleramtschef Friedrich Bohl
Der frühere Kanzleramtsminister Friedrich Bohl wehrt sich gegen Vorwürfe, während seiner Amtszeit seien Akten aus dem Jahr 92 über den Verkauf der Leuna-Werke vernichtet worden. Die jetzige Bundesregierung habe ihn bislang nicht zu den angeblichen Vorfällen befragt. Er empfahl den neuen Amtshabern, »etwas genauer zu suchen«.
Die Schweizer Justiz verstärkt unterdessen ihren Fahndungsdruck in Richtung Deutschland, um den Verbleib von rund 85 Millionen Mark Schmiergeldern zu klären, die im Zusammenhang mit dem Erwerb der Raffinerie auf Schweizer Konten überwiesen worden sein sollen. Der Genfer Generalstaatsanwalt Bernard Bertossa sagte der Sendung, im Zusammenhang mit dem Kauf der Raffinerie seien »sehr wichtige Summen« geflossen. In diesen Ermittlungen gehe es um dieselben Leute, die auch in das deutsche Panzergeschäft mit Saudi-Arabien verwickelt seien. »Die Verbindung besteht in der Tatsache, dass dieselben Leute in beiden Fällen als Personen auftauchen, die Geld bekommen haben.«
Erdölverarbeitungsanlage Leuna 2000: Akten über den Verkauf verschwunden?
Der SPIEGEL berichtet, es seien 100 Millionen Mark über verschiedene Briefkastenfirmen, vor allem in Liechtenstein verteilt worden. Drei Millionen Mark an Provisionen seien dem deutschen Geschäftsmann Dieter Holzer gezahlt worden. Er soll enge Kontakte zu Unionspolitikern gepflegt und in der Schweiz ausgesagt haben, dass mit Millionen von Mark eine »intensive Lobbyarbeit« zu Gunsten Elf Aquitaines honoriert worden sei. Ex-Treuhand-Chef Klaus Schucht sagte, er könne nicht mehr ausschließen, dass Schmiergelder flossen.
Altkanzler Helmut Kohl betonte, er habe beim Verkauf »ausschließlich im Interesse unseres Landes« gehandelt. Insbesondere im Fall Leuna sei es ihm vor allem um die Arbeitsplätze im ostdeutschen Chemiedreieck gegangen, sagte er der »Welt am Sonntag«.
CDU-Chef Wolfgang Schäuble erklärte in der ARD zu Spekulationen über den Leuna-Verkauf: »Ich hab' überhaupt keine Anhaltspunkte, dass die CDU da etwas zu befürchten hat. Aber ich weiß natürlich nicht, was da sonst alles gewesen ist. Das soll der Untersuchungsausschuss prüfen.« Die CDU habe nach seiner Kenntnis wirklich nichts mit den Schmiergeldzahlungen zu tun. »Und bei Helmut Kohl bin auch ganz sicher«, betonte er.
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