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Freno d'Emergenza schrieb am 6.1. 2015 um 19:23:45 Uhr über

Brot

Ein altes, zu Unrecht vergessenes und allgemein wenig geschätztes Arme-Leute-Essen ist die Brotsuppe. Ich esse sie gelegentlich ganz gerne. Sie ist für mich vornehmlich eine Möglichkeit, einen Rest Brot zu verwerten, der mir aus irgendwelchen Gründen im Brotkasten zu hart und trocken geworden ist. Man kann die Brotsuppe, wenn es nach ihr gelüstet, natürlich auch aus frischem Brot herstellen. Das Verfahren beginnt in allen Fällen gleich: das in Scheiben geschnittene Brot wird getoastet, ruhig etwas härter, so daß sich dunkelbraune, fast schwarze Ränder ausbilden - gänzlich verbrennen sollte das Brot natürlich nicht dabei. Dieses Rösten ist jedoch für den kräftigen Geschmack unentbehrlich !Diese Toastscheiben lässt man erkalten und austrocknen, wobei einem Sonne und Heizung ruhig behilflich sein können. Übrigens lässt sich das sodann fast steinhart gewordene Brot in diesem Zustand in einer Dose o.ä. über mehrere Wochen gut aufheben, dh wenn man mit einem alten Stück Brot zu tun hat, aber gerade keine große Lust auf die Brotsuppe hat, kann man das so konservierte Brot auch noch Wochen später zur Suppe verwenden, und zwar so:

Es wird Brühe zum kochen gebracht - welche Brühe man nimmt, ist eine Frage des Geschmacks und der Ideologie. Ich bin da erzpragmatisch und nehme die aus dem Päckchen oder dem Glas, halb Gemüse-, halb Fleischbrühe, und salze auch noch ein wenig. In die schwach kochende Brühe wird nunmehr das geröstete und getrocknete Brot hineingebröselt, so klein man es ohne besondere Mühe halt bröckeln kann. Die Volumenmengen von Brot sollte nicht über die Hälfte der Brühe hinausreichen, denn das Brot quillt alsbald sehr stark auf. Das Brot muß auf diese Weise etwa 10 min kochen, bedarf beständiger Beobachtung, denn es schäumt leicht auf, kocht über, und diese Klecker sind, wenn sie nicht sofort entfernt werden, wegen ihres Stärkegehaltes sehr hartnäckig, wenn sie eintrocknen oder gar einbrennen. Man rührt auch besser öfters mal um, weil das Brot zum Ansetzen neigen kann, wenn es die Brühe fast aufgesogen hat. Nach etwa 10 min kann das vollgesogene Brot nunmehr passiert werden. Ich nehme eine kräftige Gabel, wer es feiner und gleichmässiger haben will, kann den Zauberstab oder das Sieb nehmen. Aber schon mit der Gabel erreicht man nach 1-2 min ein ausreichendes Resultat. Das so passierte Brot wird nun entgültig zur Brotsuppe, einem mittelbraunen Matsch etwa von der Konsistenz einer schweren Kartoffelsuppe, und neigt nunmehr - wie die Kartoffelsuppe - natürlich noch stärker zum ansetzen. Man muß mit der Hitze also sehr sparsam sein, ein Kochen ist aber auch nicht mehr erforderlich, denn die Brotsuppe als solche ist jetzt fertig, und kann auch in dieser einfachsten Version nach Belieben abgeschmeckt und mit Behagen verzehrt werden. Aber bald entdeckt man, daß sich diese Brotsuppe beliebig ausbauen und verfeinern lässt. Wie die Kartoffelsuppe, so ist auch die Brotsuppe schier untendlich aufnahmebereit für alle möglichen Zutaten: Tomaten in allen Aggregatzuständen, von der frischen, kleingeschnittenen Tomate bis zur Tomatenmatsche aus dem Tetra-Pack, Tomatenmark oder Ketchup, frische und kleingeschnibbelte, oder in der Pfanne angebrutzelte Gemüse, Pilze, feingefitzelte Wurst, Schinken, Fisch ... der Phantasie und der Experimentierfreude sind keine Grenzen gesetzt. Die Brotsuppe ist auch insofern ein sehr guter Resteverwerter, zB für einen Rest Nudelsauce vom Vortag. Egal was man reintut: wichtig ist, daß man nicht mehr kocht, sondern nur noch durchziehen lässt. Aber auch wenn die Basisversion auf bzw. in dem Teller angekommen ist, ist ein Löffel Chutney, Pesto, Kräuterquark, Creme fraiche usw. der braven Brotsuppe natürlich stets willkommen.

Es lohnt sich also, es mit diesem alten Arme-Leute-Essen mal zu versuchen, wenn man demnächst mal wieder ein Stück hartes Brot in der Hand hält, und es eigentlich nicht in den Biomüll schmeißen will wegen der Kinder in Biafra und so. Und wenn man an der Brotsuppe Gefallen gefunden hat, liegt es natürlich auf der Hand, daß man mit ihrer Verfeinerung auch schon bei der Brühe beginnen kann. Eine selbstgekochte klare Gemüsesuppe zB, aus der man die Gemüsestückchen und sonstigen unzerkochten Bestandteile mit dem Schaumläufel herausfischt, und nachher wieder hinzugibt, eröffnet weitere Universen von Möglichkeiten.

Wie man's auch machen will, die Brotsuppe ist auf jeden Fall eine sowohl sättigende, als auch bekömmliche Angelegenheit, aber nicht ganz so schwer, wie die Kartoffelsuppe, und in der Zubereitung auch wesentlich einfacher und flotter.

Mein Gesundheitsapostel Sebastian Kneipp hat die Brotsuppe, die er nicht von ungefähr »Kraftsuppe« nannte, sehr geschätzt. Er schlägt vor, das geröstete und getrocknete Brot fein zu mahlen. Das beschleunigt natürlich den Kochprozess enorm, ist mir für den Hausgebrauch aber zu umständlich. Für die outdoor- und camping-freaks ist die Idee aber durchaus erwägenswert: man braucht nichts weiter, als Kochgeschirr, Brühwürfel und Wasser, um jederzeit schnell eine schmack- wie nahrhafte Mahlzeit zu produzieren, und das gemahlene Brot nimmt im Rucksack natürlich nur sehr wenig Platz weg.


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