Deeskalation und Besonnenheit anstatt Vergeltung / Nur ein
kühler
> Kopf
> hilft gegen Gewaltspirale
>
> Sehr geehrter Herr Fischer,
> wie alle Menschen in diesen Stunden sind auch wir geschockt,
> sprachlos
> und fühlen uns ohnmächtig gegenüber der menschenverachtenden
> Brutalität der Täter, die dieses Inferno in den USA
verursacht haben.
> Trauer und Anteilnahme um die Opfer und deren Angehörige
stehen
> im
> Vordergrund - viele haben Verwandte und Bekannte in den USA,
> machen
> sich große Sorgen um die aktuelle Situation vor Ort, stehen
> fassungslos vor dem Fernseher.... Unsere größte Sorge gilt
jedoch
> den
> politischen Entscheidungen, die in den kommenden Stunden und
> Tagen
> getroffen werden. Wir befürchten eine endlos sich steigernde
Spirale
> der Gewalt. Wir befürchten eine neue Brutalisierung von
Konflikten.
> Wir, das sind eine Gruppe von alten und jungen, deutschen und
aus
> anderen Ländern kommenden Menschen, die sich seit vielen
> Jahren im
> Göttinger Zeitzeugenprojekt mit den Folgen der
> nationalsozialistischen
> Gewalt auseinandersetzen. So wie wir die Verständigung
zwischen
> den
> Generationen suchen, setzen wir uns auch in vielen aktuellen
> politischen Fragen für den Dialog zwischen den verschiedenen
> Kulturen
> ein. Unsere Motive, als »kleinste Einheiten« auf diese
weltpolitisch
> sind vielfältig:
>
> a.. Nicht tatenlos zusehen wollen
> Demokratie lebt von der Mitwirkung eines jeden einzelnen: wir
> wollen
> und können nicht tatenlos zusehen, wie eventuell
kriegstreiberische
> Entscheidungen in blitzartiger Schnelle getroffen werden -
weil wir
> wissen, daß Rache nur neue Rache hervorruft.
>
> b.. Stimmen aus »dem Volk«
> "Das 'deutsche Volk' steht hinter den 'amerikanischen
Freunden',
> die
> Vergeltung wollen". Sätze wie diese vereinnahmen auf eine
nicht zu
> ertragende Weise. Wir stehen nicht hinter einem Präsidenten
> Bush, der
> von Vergeltung spricht, wo wir alle wissen, daß es Vergeltung
für
> die
> vielen Todesopfer nicht geben kann. 'Vergeltung' trifft in
aller Regel
> unschuldige Zivilisten..
>
> c.. Fundamentalismus bekämpfen ohne neuen Haß zu schüren
> Wir alle haben Angst vor Extremismus und fanatischer
Religiosität.
> Dies darf aber nicht dazu führen, nur noch in militärischen
> Kategorien
> Wege der Lösung zu suchen.
>
> d.. Keine Freiheitsbeschränkung im Namen der Freiheit / Kein
> Anti-Islamismus
> Wir befürchten, daß die Stimmung von Angst und Unsicherheit
> auch in
> unserem Land zur Freiheitsbeschneidung in der breiten
Bevölkerung
> ausgenutzt wird. Wir befürchten, dass in der Bevölkerung
durch die
> Medien und auch durch undifferenzierte politische Äußerungen
eine
> Stimmung geschürt wird, die jeden Menschen islamischen
> Glaubens in die
> Nähe des Terrorismus rückt, und damit politische Inhalte und
> Fragen
> unnötig personalisiert.
>
> Wir möchten wie die belgische Tageszeitung »De Standaard« vom
> 12.9.2001 vor unüberlegten Reaktionen auf die Terrorwelle in
den
> USA
> warnen: "Es droht die Gefahr, daß - noch bevor die wahren
> Schuldigen
> bekannt sind - vor allem die arabische Welt an den Pranger
gestellt
> wird. Die Bilder tanzender Palästinenser in den Straßen
dürften die
> Gefühle vor allem in den Vereinigten Staaten noch anfachen.
Will
> Washington nicht in eine sinnlose Spirale der Gewalt geraten,
dann
> gibt es allen Grund, einen kühlen Kopf zu bewahren und
gezielt zu
> reagieren. Gleichzeitig ist es nun an den arabischen Ländern,
sich
> vom
> Terrorismus zu distanzieren."
>
> Wir erwarten gerade von Ihnen als grünem Minister, dass Sie
sich
> für
> folgende Haltungen und Maßnahmen einsetzen:
>
> 1. Deeskalation
> Keine militärische Scheinlösung! Setzen Sie sich mit allen
Ihnen
> zur
> Verfügung stehenden Mitteln für eine konsequente weltweite
> Terrorismusbekämpfung und den Zivilschutz ein. Ein erneuter
> Aufrüstungswettlauf wäre fatal. Aus der Friedens- und
> Konfliktforschung wissen wir, dass Gewalt nicht mit Gewalt zu
> bekämpfen ist.
>
> 2. Rolle Europas
> Wir sehen die Bedeutung Europas gerade darin, in besonnener
und
> deeskalierender Weise auf die Politik der Regierung Bush
Einfluß
> zu
> nehmen.
>
> Mit freundlichen Grüßen
>
> Freie Altenarbeit Göttingen e.V./ Zeitzeugenprojekt
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