Regelmäßig belustigte sie das kleine Ritual am Anfang des Konzerts, der Dirigent und der Konzertmeister begrüßen sich mit Handschlag, stellvertretend für alle, also auch Sie, die Bratschistin in der zweiten Reihe (rechts ein Kollege von den zweiten Geigen, links eine Kollegin, hinter ihr die Oboen) und alles war eitel Sonnenschein. Dabei waren die Proben anstrengend gewesen und man war sich ein wenig auf die Nerven gegangen - als ob nicht bereits alles über die Phrasierungen der Orchesterfassung der verklärten Nacht gesagt worden sei. Im privaten Kreis mochte sie das Streichersextett gerne spielen, aber bei der Orchesterfassung war fühlte sich ihr Bratschistenarsch meist unruhig an, obwohl sie ihren Part sicher beherrschte.
»Nach dem Konzert streben die Musiker auseinander wie dir Finger einer Hand«, auf diesen Spruch erwiderte sie immer ganz trocken daß ja wohl jeder noch immer seine fünf Finger an der Hand beieinander habe. »Oder? Schauen's doch selbst.« fügte sie manchmal keck hinzu, wenn ihre Gesprächspartenr ihr auf die Nerven gingen. Es stimmte wohl, sie war nie besonders gesellig, aber sie hatte diesen Spruch von wild dahergelaufenen Gästen auf einer Feier nach dem schon fast rituellen »Und was machen sie so wenn ich fragen darf?« nun schon zu oft gehört. Bratschistin bei den Wiener Philharmonikern, das löste oft Respekt aus, brachte aber auch himmelschreiende Klischeevorstellungen zum Vorschein, die sie nun einmal nicht bedienen wollte. Sie mied daher diese Feiern und Empfänge und streifte stattdessen lieber durch die ihr vetrauten Gassen von Wien, ihren Bratschenkoffer als treuen Begleiter.
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