Bärtigster der Klassiker, von der rasierten Romantik gleich zu schweigen. Am Beginn seiner Schaffenszeit jedoch, die vom Scherenschnitt bis zur Fotografie reicht, sehen wir einen noch ganz unzauseligen Freund der Schumanns, der die Antwort auf das zur Legende geronnene ‚aimez-vous Brahms?’ doppelt leicht macht. Anders als bei seinem Vorbild Beethoven hat es keine seiner Symphonien zur Samstagabendshowtauglichkeitsreife gebracht, der ‚herbe Niedersachse’ (Musik in Geschichte und Gegenwart 2 -1952, S. 190) ist auch kein Lieferant einer Begleitmusik für Hubschrauberangriffe oder Raumschiff-Andockmanöver; doch als hätte er für den pompösen Trübsinn seines Deutschen Requiems oder den feinsinnigen Spuk seiner Horntrios entschädigen wollen, hat der kinderlose ‚Papa’ B. mit einem kleinen Wiegenlied Millionen Kinderzimmer der Welt dauerhaft mit unvergänglichen Näglein bestickt. Und wer Brahms sagt, der muss auch Wagner sagen, pflegten beide doch Zeit ihres Lebens einen innigen Hass widereinander. Von B. ist so wenig eine Oper überliefert, wie von Wagner ein gutes Wort über den B., der mit seinen Einfällen und Effekten deutlich haushälterischer umzugehen pflegte. Wenn dem norddeutschen Wahlwiener ein Kollege ein größerer Dorn im Ohr war als der Eddavertoner, war es dessen Bundesgenosse Liszt, seines Zeichens Virtuose und Tondichter. Zumindest das Cockney-Englisch versöhnt diese beiden Antipoden im Idiom 'brahms and liszt', was jedoch mehr dem Wortspiel geschuldet ist, bedeutet es doch nichts anderes als 'sternhagelvoll sein', es wird sogar zu 'he is completely brahms etc' verdichtet. Eine Ungerechtigkeit gegenüber diesem meist ziemlich heilignüchtern Daherkommenden, die auch nur der Neigung des Cockney geschuldet ist, anstößige Ausdrücke durch Reimworte und Vertauschungen zu ersetzen; und 'Liszt' reimt sich nun einmal auf 'pissed', was das Resultat forciertesten Alkoholmissbrauchs beschreibt.
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