Es schien lange Zeit selbstverständlich, daß Boylove, ein Deckwort für pädosexuelle Neigungen zu Kindern männlichen Geschlechts, zugleich eine herabgesunkene Unterform des homosexuellen Empfindens ist. Mit diesem Vorurteil will die Frauengruppe 'Selene' endgültig aufräumen. Benannt nach der Mondgöttin, die den Knaben Endymion begehrte und zur Bewahrung seiner Schönheit in einen jahrhundertelangen Schlaf fallen ließ, haben sich die streitbaren Kämpferinnen zum Ziel gesetzt, den sexuellen Mißbrauch an Jungen endlich aus der rosaroten Schmuddelecke sabbernder Mantelträger und grobporiger Mitschnacker zu retten. Und tatsächlich weist die Wohnung der Vorsitzenden von 'Selene', die sich aus rechtlichen Gründen Erszébeth Báthory nennen läßt, keine Ähnlichkeit mit den spermatriefenden Dachwohnungen auf, die man sich gemeinhin als die Wohnstätte von Boylovern vorstellt. Die Ledercouch, auf der sie uns mit einer eleganten Geste ihrer perfekt manikürten Hand bittet Platz zu nehmen, ist mit Zierkissen geschmückt, auf denen griechische Krates - Abbildungen und Tom Sawyer - Motive gedruckt sind. Statt herausgerissener Abbildungen aus 'Sonnenkinder' und anderen FKK - Heften finden sich an ihrer sepiafarbenen Glasfasertapete historische Stiche, die neben Schäferszenen auch die Hinrichtung des Damien und den bethlehemitischen Kindermord darstellen. Eine Kiste mit Bburago-Modellautos läßt im ersten Augenblick an eine gut organisierte Großmutter denken. Im Hintergrund läuft in dezenter Lautstärke ein ukrainischer Snuffmovie.»Ich habe mich schon seit meiner frühesten Kindheit für das andere Geschlecht interessiert. Doktorspiele waren für mich das Größte. Vor allem, wenn ich die Ärztin war,« erzählt sie freimütig. »Da meine schulischen Leistungen für ein Studium der Pädiatrie nicht ausreichend schienen, arbeitete ich etliche Jahre als Kindergärtnerin. Bis ich meinen Mann kennenlernte. Zuerst dachte ich, er kann mir helfen, die Empfindungen, die ich damals noch als sündhaft und falsch betrachtete, besser in den Griff zu bekommen. Sein grober Körper und vor allem diese widerlich tiefe Stimme stießen mich jedoch bald so ab, daß wir jeder unser eigenes Leben lebten. Daß er allerdings Spielwarenhändler war und ich später nach der Selbstständigkeit im Geschäft mitarbeiten konnte, dafür schulde ich ihm heute noch Dank. Diese Jahre zählen zu den schönsten meines Lebens.« Wie viele andere Pädosexuelle auch verfolgte sie den Prozess des Jürgen Bartsch mit einer Mischung aus Abscheu und Faszination. »Da kamen wieder all diese patriarchalischen Vorurteile hoch. Natürlich, nur ein Mann kann Metzger werden, nur ein Mann bei gleichzeitiger Weichheit solche Brutalität an den Tag legen, eine Frau hätte sich bei den Fahrten zur Höhle bestimmt verfahren, pah!« Sie krallt in unbewußtem Zorn ihre Hand in das Sofaplaid, eine originelle Patchworkarbeit aus Boxershorts. Sehr kleinen Boxershorts, wie der Reporter irritiert bemerkt. »Da kam wieder der ganze Muff dieser Jahre hoch. Die Frau, das empfindsame Wesen am Herd. Höchstens mal ein Giftmord, aber eher enden sie selber als Wasserleiche... Daß es auch einer Frau angenehm sein kann, einen wehrlos gefesselt Knaben durch stundenlanges qualvolles Hodenmelken zu seinen ersten Ergüssen zu kitzeln, daß der Anblick eines unbehaarten festen Hodensacks für uns reizvoller ist, wenn der daran hängende Kerl nicht zuvor die Filzhaare ins Waschbecken abrasiert hat, daß wir auch das Recht haben, die angstgeweiteten Augen so eines Moglis zu sehen, das wurde völlig verdrängt!« Ihre Stimme hat während dieser Sätze einen ungut gepressten Tonfall bekommen und sie spielt nervös mit dem tischtennisballgroßen Knebel mit Knight Rider - Aufdruck. Wir nutzen eine Gelegenheit, während sie den zu Ende gelaufenen Film durch ein Sebastian Bleisch - Video auswechselt, unauffällig ihre Wohnung zu verlassen und verständigen die zuständigen Stellen, allen voran unsere Kollegen von Report München.
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