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wugatsga schrieb am 15.5. 2003 um 22:22:33 Uhr über

Bourdieu

Pierre Bourdieu


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Mißverstehen als Fortschritt
Eine Laudatio von Ulrich Beck
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Pierre Bourdieu, am 1.August 1930 in Denguin
(Pyrénées Atlantiques) geboren, besuchte dort
das Lycée de Pau und wechselte 1948 an das
berühmte Lycée



Louis-le-Grand nach Paris. Nachdem er die Eliteschule der École Normale
Supérieure durchlaufen hatte, folgte eine außergewöhnliche akademische
Karriere. Von 1958 bis 1960 war er Assistent an der Faculté des lettres in
Algier, wechselte dann nach Paris und Lille und wurde 1964 Professor an der
École Pratique des Hautes Études en Sciences Sociales. Im selben Jahr
begann er, die Reihe Le sens commun beim Verlag Éditions de Minuit
herauszugeben und erhielt einen Lehrauftrag an der Ècole Normale Supérieure.
Es folgten Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte in Princeton und am
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Seit 1975 gibt er die Forschungsreihe
Actes de la recherche en sciences sociales heraus. 1982 folgte schließlich die
Berufung an das Collège de France. 1993 erhielt er die höchste akademische
Auszeichnung, die in Frankreich vergeben wird, die Médaille d'or des Centre
National de Recherche Scientifique. 1997 wurde ihm der Ernst-Bloch-Preis der
Stadt Ludwigshafen verliehen.
In seinen ersten ethnologischen Arbeiten untersuchte Bourdieu die Gesellschaft
der Kabylen in Algerien. Die in der empirischen ethnologischen Forschung
gemachten Erfahrungen bildeten die Grundlage für seine 1972 vorgelegte
Esquisse d'une théorie de la pratique (dt. Entwurf einer Theorie der Praxis,
1979). In seinem wohl bekanntesten Buch La distinction (1979, dt. Die feinen
Unterschiede, 1982) analysiert Bourdieu wie Gewohnheiten,
Freizeitbeschäftigungen, und Schönheitsideale dazu benutzt werden, das
Klassenbewußtsein auszudrücken und zu reproduzieren. An zahlreichen
Beispielen zeigt Bourdieu, wie sich Gruppen auf subtile Weise durch die feinen
Unterschiede in Konsum und Gestus von der jeweils niedrigeren Klasse
abgrenzen. Mit Le sens pratique (dt. Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen
Vernunft, 1987) folgte 1980 eine ausführliche Reflexion über die konkreten
Bedingungen der Wissenschaft, in der Bourdieu das Verhältnis von Theorie und
Praxis neu zu denken versucht. Ziel dieser Analysen ist es, die "Objektivierung zu
objektivieren" und einen Fortschritt der Erkenntnis in der Sozialwissenschaft
dadurch zu ermöglichen, daß sie ihre praktischen Bedingungen kritisch hinterfragt.
Seit dem Beginn der 90er Jahre engagiert sich Bourdieu für eine demokratische
Kontrolle ökonomischer Prozesse. 1993 rief er zur Gründung einer
»Internationalen der Intellektuellen« auf, deren Ziel darin besteht, das Prestige und
die Kompetenz im Kampf gegen Globalisierung und die Macht der Finanzmärkte
in die Waagschale zu werfen. Die im selben Jahr gegründete Zeitschrift Liber soll
dazu ein unabhängiges Forum bieten. Seine politischen Aktivitäten zielen darauf
ab, eine Versammlung der »Sozialstände in Europa« einzuberufen, die den
europäischen Einigungsprozeß kontrollieren und begleiten soll.
Pierre Bourdieu stirbt am 23. Januar 2002 in Paris.










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