Ein paar Erläuterungen vorweg:
Es gibt die Hammond B-3 - der Archetyp der elektrischen Orgel schlechthin, der Inbegriff der Jazz- und Rockorgel, seit der Markteinführung der B-3 im Jahr 1955 bemüht sich jeder konkurrierende Orgelhersteller, diesen Sound zu kopieren - bis auf den heutigen Tag vergeblich.
Es gibt rund 200 weitere elektromagnetische Hammond-Modelle, manche davon nahezu baugleich mit der B-3, andere von kleineren Abmessungen und nicht unbedingt für Profimusiker gedacht (wenngleich Keith Emerson von »The Nice« auch nur eine kleine Stummelpedal-Hammond verwendete, die M-3, wenn mich nicht alles täuscht).
Es gibt die vollelektronischen Hammonds der 70er und 80er Jahre (Aurora, Colonnade, Commodore etc.), die von Puristen als Imitate geschmäht werden, aber dank neunchöriger Zugriegel mindestens im oberen Manual und Original-Leslie-Kabinett klanglich immer noch sehr nah an den Tonewheel-Legenden sind.
Es gibt respektable Orgel-Schlachtschiffe anderer Hersteller, die sich teilweise an der B-3 orientieren (Farfisa Maharani) oder auch ganz eigene musikalische Wege gehen (Dr. Böhm Top-Sound DS, Technics SX-U90), auf jeden Fall in meiner wilden Highmorgler-Zeit für so manchen feuchten Traum gut waren...
Es gibt die preiswerten Brot-und-Butter-Orgeln renommierter Hersteller wie Yamaha, Technics oder Eminent, die einst zu Hunderttausenden Orgelschulen und Wohnzimmer bevölkerten, meine GEM Wizard 327 L seligen Angedenkens macht da keine Ausnahme.
Und es gibt Bontempis. Dank aggressiver Werbekampagnen ab etwa 1975 war es seinerzeit im Westteil Deutschlands gar nicht möglich, diesen Machwerken zu entgehen, irgendwo im ZDF-Vorabendprogramm dudelte immer zwischen Mainzelmännchen und Fa-Seife ein Blondschopf im besten Zahnspangen-Alter »Jingle Bells« mit Begleitautomatik, schon das hätte eigentlich zur Abschreckung gereicht.
Dann gab es aber auch kein Kaufhaus, in dessen Spielwarenabteilung (sic!) nicht mindestens drei Bontempis herumstanden, zusammen mit Plastiktrompetchen, Plastikpanflötchen, batteriebetriebenen Plastikgitärrchen und sonstigem musikpädagogisch fragwürdigem Firlefanz, das Spitzenmodell mit unglaublichen 2 mal 37 Tasten, echtem Basspedal und vollen zwei Flötenchören im oberen Manual! Es erübrigt sich eigentlich zu sagen, dass auch die Bontempis zum größten Teil aus klapprigem Plastik bestanden und schon in sich zusammenzufallen drohten, wenn man sie nur einmal streng von der Seite ansah.
Und so jämmerlich, wie sie verarbeitet waren, klangen sie dann auch... Bontempi, das waren Wegwerforgeln der untersten Schublade, selbst die Quelle-Versandhausmarke »Universum« hatte mehr Niveau (zumal es sich ohnehin wahrscheinlich der Elektronik nach für den Export bestimmte und entsprechend umgemodelte DDR-Vermonas handelte).
Trotzdem wird man selbst heutzutage, tief im 21. Jahrhundert, noch auf Ebay mit Bontempis behelligt... ganz Abgebrühte erdreisten sich sogar, MP3-Files mit Musikdemos dazuzustellen!
Was also tun gegen Bontempis? Der hohe Kunststoffanteil macht folgende Vorgehensweise überdenkenswert:
a) Bontempi auspacken, anschließen und einschalten
b) Das werkseitig einprogrammierte »Jingle Bells« starten
c) Bontempi gleichmäßig mit 20 Litern handelsüblichem Benzin benetzen
d) Alle Fenster aufreißen, Atemschutzmaske aufsetzen
e) Feurio!
f) Das Schauspiel aus sicherem Abstand genießen... durch die thermische Beanspruchung der Tongeneratoren ergeben sich ganz neuartige Klangmuster, wie man sie bis jetzt nur von brennenden Jimi-Hendrix-Gitarren kannte!
g) Am Ende bleibt nichts übrig als eine verqualmte Wohnung (hust, hust!) und eine traurige Lache dunkelgrau verschmurgelten Plastiks
Viel Spass mit eurer ersteigerten Bontempi!
|