Vorgestern (?) am Konzert gewesen, und es war unerträglich, aber im nachhinein wunderbar. Nur ein klein wenig zu voll, und überall der Geruch von Sportdeo in der Luft, eine Berliner Konzertspezialität mithin. Aber es war gut. Der Bandleader ist ein großer Mann! Entweder er ist durch und durch mit Größe erfüllt, oder er ist schlichtweg böse, zerfetzt vom Hass, auch darin kann größe liegen, aber naja, oft denn nun eher nicht. Wo waren wir? Genau! Der TOn war nicht gut, ABER! Sänger Jochen Distelmeyer hat durchwegs eine fast bis ins Saure sich überschlagene Süßlichkeit in seinen Zwischenkommentaren an den Tag gelegt, daß man nur noch staunen konnte. Einer quiekenden Dame in der ersten Reihe hat er sogar das Handtuch versprochen, mit dem er sich hie und da und ab und an die nasse Stirn gewischt hat. Ein Danaergeschenk, wie der ganze Abend, denn: Blumfeld sind groß. Blumfeld sind mächtig. Sie spielen hierzuland die besten Konzerte, Jochen Distelmeyer singt am besten und sieht am besten aus, aber: Blumfeld sind verschlagen. Wie Blumfeld, der Junggeselle, der die unheimlich hinter ihm herspringenden Gummibälle mittels einer nur scheinbar großzügigen Geste dem Sohn seiner Haushälterin gegenüber loswerden will, so sind Blumfeld auch nur scheinbar liebe Buben. Wie Schuppen von den Augen gefallen ist mir das während auf der Bühne das Lied »Diktatur der Angepassten« gespielt wurde. Es gibt da diese Zeile da heißt es: »...gebt endlich auf, es ist vorbei...«, und unmittelbar auf das »vorbei« nun warf der Sänger ein spitzes und langgezogenes »Tschüüüüüüüüüüssssiiiii!« ins Mikrofon, so daß es mir kalt den Rücken hinunterlief. Ich hatte mir nun vorgestellt, daß wenn ich etwas weiter vorne gestanden hätte, ich einen Jochen Distelmeyer mit weit aufgerissenen Augen und zusammengebissenen Lippen hätte sehen können, einen kristallscharf Hassenden.
Größe im Hass, Hass in der Größe. Daß Blumfeld mit ihren letzten zwei Alben, vor allem aber mit ihrem letzten Album, GLEICHZEITIG die dumme Ironie und die dumme Ehrlichkeit ermorden wollten, abmurksen, abstechen, das ist nun ausgemachte Sache, und das ist gut so.
Blutleer, zermordet, vernichtet, abgeschlachtet, liegen diese Begriffe nun auf dem Fußboden des ColumbiaFritz. Und Jochen lacht. Hassend!
Gut daß es Blumfeld gibt!
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