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Krause schrieb am 5.8. 2012 um 02:27:05 Uhr über

Blumenverkäufer

Der Blumenverkäufer senkt seinen Kopf wieder und sieht den Kunden an. »Wir werden den gemieteten Hausdiener ab jetzt nicht mehr über das mindest notwendige Maß hinaus beachten. Er hat uns genug aufgehalten und schon jetzt unsere letzte Chance auf pünktliche Ankunft zerstört. Unser oberstes Ziel für die nächste Minute muss es sein, die Räume der Geburtstagsfeierlichkeiten auf direktem Weg ohne weitere Ablenkung zu erreichen. Wir werden dem Hausdiener im Vorbeigehen unsere Kleidung förmlich zuwerfen und ihm die Lösung aller Fragen hinsichtlich Aufhängung und Unterbringung allein überlassenDer Kunde hat den festen Worten des Blumenverkäufers aufmerksam zugehört und stimmt zögernd zu: »Ich räume ein, dass Ihr Vorschlag vermutlich zu einem befriedigenden Abschluss dieser störenden Episode führen wird. Jedoch kam mir gerade Folgendes in den Sinn, das zu bedenken zu geben ich in meinen vorangegangenen Ausführungen versäumt habeDer Blumenverkäufer antwortet ungehalten auf diese trotz der vom Kunden versprochenen Zustimmung nun doch drohende Verzögerung der Ausführung seines Plans: »Bitte fassen Sie sich sehr kurz!« »Ist Ihnen noch gar nicht aufgefallen«, hebt der Kunde mit seiner Rede an, »dass jener Hausdiener uns noch nicht um eine Erklärung Ihrer Begleitung gebeten hat? Obwohl es sich bei der Anwesenheit dieses Hausdieners - wie wir nun annehmen - um einen Spaß eines der Geburtstagsgäste handelt, ist davon auszugehen, dass jener Gast diesen Spaß mit Rücksicht auf die würdevolle Persönlichkeit meines Chef nicht als alberne Narretei auf die Bühne gebracht hat, sondern als einen Spaß, der die Ernsthaftigkeit des Hausdienertums in Betracht zieht und nur deshalb ein Spaß ist, weil er kein dauerhaftes Verhältnis, sondern stattdessen nur eine Beziehung für die kurze Zeit dieses Abends zwischen meinem Chef und dem Hausdiener einrichtet. Abgesehen von der Kürze der Dauer handelt es sich aber um einen vollwertigen Hausdiener mit umfassender Macht und Befugnis.« Der Blumenverkäufer schüttelt den Kopf. »Ich sage Ihnen: Wenn irgendetwas in dieser Welt nicht vollwertig ist, so ist es dieser eingekaufte Hausdiener.« Der Kunde fährt ungerührt fort: »Es spielt keine Rolle, ob der Hausdiener vor einigen Minuten, als wir das erste Mal auf ihn trafen, seine Funktion in vollem Umfang auszuüben in der Lage war oder an dieser Aufgabe scheiterte. Wir haben uns auf eine zweite Begegnung vorzubereiten und ich sage Ihnen nun, dass Ihr Rückzug vor die Tür uns in eine ungünstigere Position gebracht hat als je zuvor, da er dem Hausdiener Gelegenheit gab, seinen Fehler zu untersuchen, seine Unkenntnis der häuslichen Umgebung zu beseitigen und sich auf eine ordnungsgemäße Abfertigung unserer Ankunft ausreichend vorzubereiten. Die Hürde, die wir dank der glücklichen Umstände des überraschten und unpässlichen Hausdieners während unseres ersten Auftretens mit einem leichten Satz hätten nehmen können, ist nun haushoch gewordenDer Blumenverkäufer zögert nicht lange und antwortet dem Kunden: »Es ist keinesfalls sicher, dass dieser heruntergekommene Hausdiener die verstrichene Zeit zu einer besseren Vorbereitung und Aufbesserung seiner Wissenslücken genutzt hat. Im Gegenteil versichere ich Ihnen, dass ihm an der ordnungsgemäßen Bearbeitung eines Gastbesuches nicht gelegen ist, ja nicht einmal daran, eine ordnungsgemäße Bearbeitung vorzutäuschen, was ihm - wie Sie selbst überzeugend dargestellt haben - von seinem Auftraggeber mit Bestimmtheit aufgetragen wurde. Dennoch gebe ich Ihnen Recht, dass eine Verlängerung unserer Unterhaltung die Aussichten auf ein schnelles Durchdringen der vom Hausdiener errichteten Mauer zwischen uns und Ihrem Chef nicht verbessert, und fordere Sie auf, mit mir jetzt in die Diele zurückzukehren.« Der Blumenverkäufer lässt nun keine Erwiderung des Kunden mehr zu, greift dessen Arm, stößt mit Schwung die immer noch angelehnte Haustür auf und zieht den Kunden hinter sich her. Geradewegs stürmen beide durch die leere und dunkle Diele auf jene Tür zu, durch welche ein Streifen Licht auf das Dielenparkett fällt. Kein Zweifel daran, dass diese Tür das Tor in die Geburtstagsräumlichkeiten des Chefs ist, bremst ihren Lauf. Auf halbem Weg begegnen Sie dem Hausdiener, der sich - wie vom Kunden befürchtet - gesammelt hat und Ihnen nun doch zuruft: »Wen darf ich anmeldenDoch der Blumenverkäufer ist nicht mehr aufzuhalten und zieht den Kunden, der gerade - von der Frage des Hausdieners erschüttert - anzuhalten ansetzt, erbarmungslos weiter mit sich und erstickt, als sie den Hausdiener schon passiert haben und beginnen, sich laufend vom ihm mit ihm zugekehrtem Rücken zu entfernen, den Versuch des Kunden, dem Hausdiener eine Erklärung für die Gegenwart des Blumenverkäufers zu geben, mit dem Ausruf im Keim: »Den Prokuristen und BegleitungNun beginnt auch der Hausdiener zu laufen und folgt ihnen bis sie sich an der Tür treffen: »Ich werde Sie melden, einen Moment bitteDer Schwung jedoch, mit dem der Blumenverkäufer sich selbst und den Kunden bis hierher getrieben hat, ist trotz des Stillstands vor der Tür noch lebendig, und mit einer kraftvollen Drehung stellt er sich zwischen die Tür und den Hausdiener, der gerade im Begriff ist anzuklopfen, zieht dem Kunden den Mantel von den Schultern und wirft ihn dem Hausdiener zu. Bevor dieser auch nur einen Gedanken fassen kann, greift der Blumenverkäufer seinen eigenen Mantel, tritt einen Schritt auf den Hausdiener zu, legt den Mantel über dessen Arme, in denen er den Mantel des Kunden aufgefangen hat, und entgegnet: »Sie müssen uns nicht anmelden, wir finden selbst den Weg. Sorgen Sie sich bitte um die geordnete Verwahrung unserer KleidungVerwirrt und Hilfe suchend blickt der Hausdiener zum Kunden, doch dieser hebt das Kinn, wendet sich vom Hausdiener ab und blickt nun mit festem Blick auf die geschlossene Tür. Während er seinen Hemdkragen in ordentliche Position bringt, öffnet der Blumenverkäufer ohne zu klopfen die Tür. Beide treten ein und während der Hausdiener noch um die richtigen Worte des Einspruchs ringt und ihnen flehend die Hände nachstreckt, die aus dem Haufen der übereinandergeworfenen Mäntel herausragen, ziehen sie die Tür von innen zu.



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