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Dirty Krause schrieb am 3.10. 2003 um 14:10:45 Uhr über

Blumenverkäufer

»Haben Sie die Flasche auch nicht vergessen?«, fragt der Kunde und bleibt bestürzt stehen. Der Blumenverkäufer erschrickt ebenfalls und klopft seinen Mantel von oben bis unten ab, als wolle er sich selbst durchsuchen. Als er sich auf die rechte Brust schlägt, atmet er erleichtert auf: »Selbstverständlich nicht!«, antwortet er gespielt gelassen dem Kunden. Der Kunde hat die Bewegungen des Blumenverkäufers genau verfolgt und ruft entsetzt aus: »Sie haben die Flasche doch nicht die ganze Zeit in Ihrer Mantelinnentasche getragen?« »Doch! Warum denn nicht? Das war bisher ein sicherer Ort, der sich für Transport und Schutz der Flasche bestens bewährt hat«, entgegnet der Blumenverkäufer. »Geben Sie sie mir! Geben Sie sie mir sofort!«, schreit der Kunde den Blumenverkäufer an, daß dieser vor Schreck mit der Hand in die Lücke zwischen zwei Mantelknöpfen greift, die Flasche unverzüglich aus seiner Tasche hervorzerrt und sie dem Kunden hinüberreicht. Der reißt sie ihm aus der Hand, umfasst sie mit beiden Händen und bleibt ein paar Sekunden unbeweglich mit geschlossenen Augen stehen. Der Blumenverkäufer blickt den Kunden schweigend an und wagt kein Wort zu sagen, bis der Kunde plötzlich langsam die Augen öffnet und in Richtung der erleuchteten Fenster des Hauses seines Chefs starrt. »Wir sind erledigt«, flüstert er vor sich hin, wendet sich langsam zum Blumenverkäufer und fügt hinzu: »Sie hat wenigstens 30 GradUnter den strengen Blicken des Kunden fühlt sich der Blumenverkäufer außer Stande, zu dieser Äußerung Stellung zu nehmen. »Nun wissen auch Sie keinen Ausweg mehr«, deutet der Kunde das Schweigenn des Blumenverkäufers und fährt fort: »Alles schien bisher gut vorbereitet zu sein. Von Ihrer Anregung, von den Blumen zu dieser Flasche Schnaps überzugehen, habe ich mich überzeugen lassen - leichtsinnigerweise, wie sich nun herausstellt. Nein, nein, mir selbst muss ich diesen Fehler vorwerfen, Ihnen fast zur Gänze das Feld überlassen zu haben, über das wir uns einem so bedeutenden und schwerwiegenden Ereignis, wie es der Geburtstag meines Chefs darstellt, nähern. Ich hätte ahnen müssen, daß Ihnen das Verständnis für die Lage und die angemessene Einschätzung der Situation fehlt. Doch was ich hier in den Händen halte, ist Ausdruck einer Leichtfertigkeit, die nicht zu ertragen ist.« »Angesichts dieses Wohnhauses« - der Blumenverkäufer zeigt dabei zum Haus des Chefs hinüber - »scheint mir eher Ihre Einschätzung mangelhaft zu sein«, entgegnet nun der Blumenverkäufer, der sich über die scharfen Worte des Kunden zu ärgern beginnt. »Ich habe Sie schon zuvor aufgefordert, keine verharmlosenden Rückschlüsse von diesem Gebäude auf die Person meines Chefs zu ziehen, und gedenke nicht, mich in diesem Punkt zu wiederholen. Wenn Sie aber glauben, die Überreichung eines Geschenks, das sich in den Händen meines Chefs als eine warme Brühe statt einer Flasche Schnaps entpuppen wird, bleibe folgenlos für den Verlauf des Abends und meiner weiteren Zukunft insgesamt, so zeigt sich darin nur deutlich Ihre schamlose Gleichgültigkeit gegen mich und mein Schicksal. Mit nichts als schönen Worten haben Sie mich verführt und mich nun in einen Scherbenhaufen gestürzt«, beendet der Kunde seine Rede. Der Blumenverkäufer schaut den Kunden an und ringt nach Worten, mit denen er die schweren Vorwürfe entkräften könnte, und ruft plötzlich, statt mit einer Verteidigung anzuheben: »Geben Sie die Flasche her«, greift sie, die der Kunde immer noch unverändert in Händen hält, am Flaschenhals und entreißt sie dem Kunden mit einem Ruck, um sich nun am Bordstein der Straße zu bücken, sie in eine große Pfütze zu legen und hin- und her zu wälzen. »Was tun Sie da?«, schreit der Kunde außer sich vor Entsetzen. Der Blumenverkäufer schaut, immer noch gebückt, zum Kunden auf und rollt die Flasche unbeirrt durch das Wasser. Der Kunde, der bisher immer noch gefasst und bei klarem Verstand dem Blumenverkäufer gegenüber gestanden hatte, beginnt nun beim Anblick der im schmutzigen Regenwasser halb eingetauchten Flasche zu wanken. Seine Knie werden weich und kraftlos setzt er sich auf einen kleinen Erdhügel am Stamm einer Birke, die sich über Gehweg und Straße breitet. Verzweifelt legt er den Kopf zwischen seine Kniee. »Fühlen Sie nur! Sie wird schon kühler«, sagt der Blumenverkäufer, der sich ganz auf die regelmäßigen Bewegungen der Flasche durch die Pfütze konzentriert und den Zusammenbruch des Kunden nicht beachtet. »Oh!«, ruft der Blumenverkäufer plötzlich auf, »die Fliederpapierkrempe ist etwas feucht ge...« Er beißt sich auf die Zunge und bricht seine Rede ab, während er sich vorsichtig und ängstlich umschaut, um zu prüfen, ob der Kunde seine letzten Worte gehört hat. Der aber hat seinen Kopf schon gehoben, sich etwas zur Seite geneigt und fixiert am Blumenverkäufer vorbei die schlaff und klumpig gewordene Fliederpapierkrempe auf dem Flaschenhals. Ohne den Blumenverkäufer anzusehen, legt er das Gesicht in seine Hände und stützt sich wieder mit ununterbrochenem Kopfschütteln auf seine Kniee. Der Blumenverkäufer rollt die Flasche weiter durch die Pfütze, hält nun aber stets eine Hand schützend zwischen Flaschenhals und Wasseroberfläche. Verärgert darüber, vom Kunden mit der Rettung der Lage so allein gelassen zu werden, wendet er sich dem Kunden zu: »Machen Sie sich lieber Gedanken über eine glaubwürdige Entschuldigung für unsere Verspätung


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