Formkrisen beim Schreiben sind so alt wie die Aufzeichnungssysteme - wobei das Zerknüllen eines Blatt Papiers kein Vergleich zu der Geste ist, mit der ein akkadischer Eposschreiber eine Tontafel zerklumpte. Uwe Johnson hat in Briefen an Freunde und Verleger den Zustand der Schreibblockade für die Moderne transparent gemacht. Aber das zum Volksgut gewordene »Einfach mal die Schnauze halten« des unsäglichen Dieter Nuhr hat für manche Blasteure scheinbar keine Gültigkeit. Da werden Zustände der Hirnleere mit megabyteschweren Copypastes überbrückt und das klassische SichMalRichtigAufEinemStichwortAustoben wird in Form stundenlanger Selbsthochjubelungen zelebriert. Es ist dieser permanente Öffentlichkeitsgedanke, der solche unreinen Dämonen gebiert: Man stelle sich einen Autor (einen 'richtigen' Autor) vor, der seine Formtiefs dadurch überbrückt, dass er Zeitungsartikel fotokopiert und in sein zum Stillstand gekommenes Manuskript einlegt. Naja, Rolf Dieter Brinkmann hat es zwischenzeitlich ähnlich gemacht. Aber es ist doch ein Unterschied, ob ich eine Suppe mit Wasser verlängere, oder einen Kessel Wasser als meine Suppe ausgebe, weil der einzige magere Brühwürfel, den er gesehen hat, zufällig aus meinen Händen gekommen ist.
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