Runterspülen. Und weg damit...
Ernst Corinth 09.06.2000 Big Brother - das Finale
Ob nun die rheinische Frohnatur oder das Potsdamer Weichei heute gegen Mitternacht gewinnen wird, wen interessiert das denn wirklich noch? Uns jedenfalls nicht, obwohl wir mehrere Wochen lang zugeschaut haben, was in Deutschlands bekanntestem Wohncontainer geschah.
Doch irgendwann war die Luft raus aus »Big Brother«: Zlatko war zu schnell weg. Manu und Kerstin, das SozPäd-Nerv-Duo, flogen ebenfalls raus. Dann ging noch der Playboy-Darsteller Alex und Sabrina, die zweite Frohnatur, uns ziemlich schnell auf die Nerven. Was übrig bliebt, hörte sich am heutigen Freitagvormittag so an:
Andrea: »ja??...was denn?....hä?«
Jürgen: »du mußt mal rauskommen, sonst kann ich dich das nicht fragen....Wer singt das?« (Musik ist zu hören)
Andrea: »Dire Straits.«
Jürgen: »Dire Straits?......oooh. das find ich so geil das Lied...«
Andrea: »Dire Straits, ja....hmhm...« (geht wieder rein und spült weiter...)
Nachzulesen sind diese Dialoge im Internet (beispielsweise: www.bigbrother.bild.de/), wo 100 Tage lang Fans der Show fast jedes Wort und jede Regung, die sie über die »Big Brother«-Netzseite hören und sehen konnten, auf- oder mitgeschrieben haben. Aber nicht nur dieser abgedrehte Irrsinn beweist, wie erfolgreich die heftig umstrittene Sendung gewesen ist. So schauten nämlich im Schnitt 2,5 Millionen meist junge Zuschauer Tag für Tag auf RTL 2 zu, und zuweilen gab's sogar Einschaltrekorde mit bis zu sieben Millionen Zuschauern, und dabei verschlug es offensichtlich selbst den anfangs aufgeregten Medien- und Sittenwächtern völlig die Sprache. Dennoch: der Spaß am Voyeurismus, auf den diese TV-Veranstaltung beruht, verging nicht nur uns zunehmend durch die unangenehmen Begleiterscheinungen. Dabei war es noch das geringste Übel, dass RTL 2 mit Percy Hoven und Sophie Rosentreter zwei Moderatoren verpflichtet hatte, deren Auftrag es offenbar war, zu zeigen, dass heutzutage wirklich jeder eine Chance im Fernsehen hat.
Unerträglicher als »Pörsi und Kermit« war dagegen das Vorgehen der zuständigen Produktionsfirma Endemol gegen Internet-Fanseiten, deren Betreiber schon wegen Kleinigkeiten teure Abmahnschreiben (siehe auch www.freedomforlinks.de) erhielten. Und das Schlimmste war dann, wie das Schicksal der hochverschuldeten Kandidatin Sabrina von RTL 2 und seinen sogenannten Medienpartnern brutal ausgeschlachtet wurde. Dabei schoss die SAT.1-Sendung »Akte 2000« den Vogel ab, die ausgerechnet von einer Firma produziert wird, an der Endemol beteiligt ist. Und als nach den auf Einschaltquoten zielenden Bildern aus Sabrinas angeblich verwahrloster Wohnung und dem Gerede über ihre Selbstmordgefährdung der Sender RTL 2 eine genauso eiskalt kalkulierte Sammelaktion für die arme Kandidatin startete, war endgültig Schuss mit lustig. Und so ist für uns Verona Feldbuschs »Big Brother«-Mobil-Toilette am Ende der 100 Tage zum wahren Symbol dieser Sendung geworden. Kurzum: Runterspülen. Und weg damit.
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