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BSZ e.V. schrieb am 26.2. 2002 um 23:43:05 Uhr über

Bi

Höchste Scheidungshäufigkeit bei binationalen Ehen
Erschreckend wenig Wissen über die Rechtslage bei den betroffenen Partnern

Viele Menschen sind erstaunt wenn sie hören , dass in Deutschland inzwischen jede siebte Ehe von Menschen aus zwei Nationen geschlossen werden. Der BDF Bund deutscher Fachanwälte im BSZ® e.V. berichtet, dass binationale Ehen im Vergleich zu anderen Ehepaartypen die höchste Scheidungshäufigkeit aufweisen. Diese Ehen beinhalten naturgemäss ein sehr hohes Konfliktpotential und wenn dann der multikulturelle Reiz von grauen Alltagsproblemen eingeholt wird, prallen unterschiedliche Kulturen und Religionen ungebremst aufeinander.

Spätestens dann, wenn man sich über eine mögliche Trennung Gedanken macht, stellt man ernüchternd fest, dass man sich nun mit zwei meist sehr unterschiedlichen Rechtssystemen auseinander zu setzen hat.

Eigentlich ist es erstaunlich, dass über das Theme multikulturelle Lebensgemeinschaften und ihre Auflösung , sich kaum jemand vor der Eheschließung Gedanken macht, wundert sich Horst Roosen , Vorstand des BDF.
Der BDF hat zu diesem Thema Herrn Dr. Wolfgang Spinner-Ahnert befragt. Herr Dr. Spinner-Ahnert ist Rechtsanwalt in Frankfurt, Fachanwalt für Familienrecht und gefragter Berater für internationales Familienrecht. ( Rechtsanwaltskanzlei Dr. Spinner-Ahnert, 60318 Frankfurt, Zeißelstr. 9, Telefon 069-5962899)

Im internationalen Familienrecht sind 2 Kernfragen zu unterscheiden:

· Welches Gericht ist zuständig?
In der Regel lautet die Frage enger: ist ein deutsches Gericht zuständig?

· Welches Recht wendet dieses Gericht an?

1. Deutsche Gerichte sind zuständig,

· wenn ein Ehegatte Deutscher ist oder bei der Eheschließung war;

· wenn beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, oder

· wenn ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, es sei denn, dass die Scheidung von keinem der Staaten anerkannt wird, denen einer der Ehegatten angehört.


Ein Deutscher kann daher immer in Deutschland geschieden werden. Ob der gewöhnliche Aufenthalt im Inland liegt oder nicht, spielt keine Rolle (wenn beide EU-Bürger sind, muss er/sie allerdings neuerdings ein halbes Jahr vor Antragstellung hier gelebt haben). Auch ist ohne Bedeutung, ob der deutsche Staatsbürger Kläger oder Beklagter, Antragsteller oder Antragsgegner ist.

Auch nicht, und das ist von zunehmender Bedeutung, ob der neben der deutschen noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzt.

Deutschland ist aber auch für die Scheidung und andere Ehesachen zuständig, wenn keine der Parteien Deutscher ist, diese aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Maßgebender Zeitpunkt für den Aufenthalt ist der Beginn der Rechtshängigkeit, also der Zeitpunkt der Klageerhebung oder Antragstellung.

Was ist „gewöhnlicher Aufenthalt“?

Die Eheleute müssen sich mindestens seit 6 Monaten in Deutschland aufgehalten haben. Duldung nach Ablehnung des Asylantrages istkein gewöhnlicher Aufenthaltin diesem Sinne.

Auf den Ort der Eheschließung kommt es daher überhaupt nicht an.

Welches Recht?

Ist die Zuständigkeit der deutschen Gerichte erst einmal bejaht, ist die Frage, welches Recht wendet das deutsche Familiengericht an?

Dies geht in Form einer Hühnerleiter, bei der jeweils die nächste Sprosse betreten wird, wenn die erste nicht trägt:

· dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder zuletzt angehört haben, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört, sonst
· dem Recht des Staates, in dem beide jetzt ihren dauernden Aufenthalt haben,
· dem Recht des Staates dem sie am engsten verbunden sind.

Beispiel 1:
Zwei Türken sind miteinander verheiratet und leben seit Jahren in Deutschland. Das deutsche Familiengericht ist zuständig. Es wendet türkisches Recht an.

Beispiel 2:
Eine Italienerin und ein US-Amerikaner leben verheiratet seit Jahren in Deutschland. Das deutsche Gericht wendet deutsches Recht an, weil dieses Ehepaar dem deutschen Recht am engsten verbunden ist.

Für EU-Angehörige findet diese „Hühnerleiter“-Prüfung seit kurzem nicht mehr statt, sondern zuständig ist das Gericht eines Mitgliedstaats in dessen Hoheitsgebiet beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten (wenn einer ihn noch dort hat),
oder der Antragsgegner (es kann auch die Frau sein) seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich mindestens 6 Monate unmittelbar vor der Antragstellung dort aufgehalten hat. Die Wahlmöglichkeiten für EU-Angehörige haben sich daher durch die neue Ehegerichtsbarkeitsverordnung ungeheuer erweitert.

Häufig wendet das deutsche Gericht also das Recht eines anderen Landes an. Das heißt aber nicht, dass die deutschen Gerichte jede ausländische Regelung akzeptieren. So wird die extreme Ungleichbehandlung der Frauen etwa im Iran hier nicht akzeptiert, die im islamischen Recht aber übliche Verstoßung (Talaq) wird jedoch ebenso akzeptiert, (jedenfalls wenn die Ehefrau ihrerseits sich aus der Ehe lösen kann), wie die in vielen Ländern übliche Morgengabe.

Kinder:

Für die Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern und damit insbesondere für die elterliche Sorge, ist bei der Scheidung deutsches Recht anzuwenden, wenn die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.

Nach deutschem Recht üben die Eltern auch nach Trennung und Scheidung weiterhin gemeinsam die elterliche Sorge aus, wenn das Gericht nichtauf Antraganderes bestimmt.

Soweit zum Beispiel im Iran dem Vater nach dem 2. Lebensjahr des Kindes das Sorgerecht erhält, ist diese Regelung für uns nicht akzeptabel.

Altersversorgung –„Versorgungsausgleich“:

Wird deutsches Recht angewandt, ist der Versorgungsausgleich durchzuführen, das heißt die in der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften grundsätzlich zu teilen, jedenfalls dann, wenn sie einen gewissen wirtschaftlichen Wert darstellen.

Da die meisten ausländischen Rechtsordnungen ein derartiges Rentensplitting nicht kennen, erfolgt hier die Übertragung nur auf Antrag! Versorgungsausgleich kann aber sogar nachträglich geltend gemacht werden!

Für Unterhaltsansprüche der Ehefrau wird für die Dauer des Getrenntlebens deutsches Recht Anwendung finden, solange sie sich in Deutschland aufhält. Das gleiche gilt für den Kindesunterhalt, solange die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hier haben.

Wird das Scheidungsurteil in meinem Heimatland anerkannt?
Scheidungsurteile die in einem Mitgliedsstaat der EU ergangen und rechtskräftig sind, werde in allen Mitgliedstaaten grundsätzlich ohne Nachprüfung anerkannt. In anderen Staaten gibt es vielfältige Regelungen. Zum Teil sind ergänzende Anerkennungsverfahren, wie in der Türkei notwendig, zum Teil werden deutsche Scheidungen gar nicht anerkannt (z.B. Ägypten), zum Teil wird die Scheidung anerkannte aber nicht damit verbundene andere Entscheidungen wie z.B. Unterhalt.

Es ist wichtig sich darüber zu informieren, wenn ich für eine neue Eheschließung etwa ein Ehefähigkeitszeugnis meines Heimatlandes benötige.


Der BDF im BSZ® e.V. rät, sich in diesen Fällen immer an eine/n auf Scheidungsrecht spezialisierte/n Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt zu wenden.

Versierte Scheidungsanwältinnen und Anwälte wissen was bei binationalen Ehen , besonders beachtet werden sollte. Den richtigen Scheidungsanwalt findet man z. B. in der BSZ® -TOPliste „Scheidungsanwalt“. Hier sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit dem Tätigkeitsschwerpunkt „Ehescheidung“ benannt. Die BSZ® TOPliste „Scheidungsanwaltkann man im Internet unter der Adresse www.Fachanwalt-Hotline.de oder bei www.BSZ-ev.de einsehen.
Wem kein Internetanschluß zur Verfügung steht kann die 4-seitige BSZ® TOPliste „Scheidungsanwaltper Faxabruf beziehen. 0190-824196989 (1,86 Euro/Min.)


TIPP: Unter der bundesweit einheitlichen Servicenummer 0180 500 36 17 (0,12 Euro/Min.) nennt der Suchdienst des BDF im BSZ® e.V. Fachanwälte und Anwälte mit Tätigkeitsschwerpunkt auch aus allen anderen Fach- und Rechtsgebieten. Bis auf die Telefongebühren ist die Auskunft kostenfrei. Im Internet wird man unter den Adressen www.fachanwalt-hotline.de, www.jurafit.de www.rechtsshop.de und www.familienr.de fündig





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