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voice recorder schrieb am 7.2. 2003 um 02:37:04 Uhr über

Beschleunigung

Eine solche Situation war vor einigen Generationen noch undenkbar. Die Philosophen sagten uns, daß Augenblick und Allgegenwart wesenmäßig undenkbar sind. Ich für meinen Teil bezweifle das, gerade weil ich kein Philosoph bin. Ich gehe von der Technik aus. Die Technik führt die sofortige Allgegenwart herbei, und man kann nun anfangen, sie zu denken. Die Tendenz ist: Nähe als einzicie Nahtstelle zwischen allen Körpern, allen Orten, allen @unkten der Welt. Ich treibe diese Tendenz ins Extrem. Das ist nicht Science Fiction, vielmehr ist die Wissenschaft Fiktion. Technologie und Wissenschaft entwickeln das Unbekannte, und nicht das Bekannte. Die Wissenschaft entwickelt das, was ungedacht ist. Das grenzt an Fiktion.

Aber ist die von der Technik entwickelte-Fiktion deshalb auch schon nutzbringend? Eröffnet die Allgegenwart der Technik dem Menschen neue Freiräume, oder reduziert sie im Gegenteil radikal seinen Bewegungsspielraum?

Man behauptet immer, die erste Freiheit sei die Bewegungsfreiheit. Ja, doch nicht die Freiheit der Geschwin, digkeit. Zu schnell sein heißt seiner selbst total enteignet sein, heißt total entfremdet sein. Es kann eine Diktatur der Bewegung geben.

Technik bedeutet also nirht Fortschritt, sondern Entfremdung?

Seit dem 18. Jahrhundert - seit der Auiklärung, um den bekannten Ausdruck zu verwenden - hat man geglaubt, Vernunft und Technologie würden im Gleichschritt einem Fortschritt zustreben, auf eine »strahlende Zukunft« zu, wie so manch einer sagte. Es verstand sich von selbst, daß man bald eine Lösung finden würde: eine Lösung für Krankheit, Armut und Ungleichheit. Nun gut, die Lösung war nicht die beste; es war die Endlösung. Die Lösung vom Ende der Welt im Nuklearkrieg, im totalen Krieg,in Vernichtung und Völkermord. Deshalb neige ich dazu zu sagen: keine weitere Illusionen über die Technik! Was wir produzieren, kontrollieren wir nicht. Weil wir etwas

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zu tun ve rstehen, verstehen wir noch lange nicht, wa wir tun. NI-rsuchen wir, bescheidener zu werden und das Rätsel dessen zu verstehen, was wir produzieren. Was die Forscher hervorbringen, die Erfindungen, si Rätsel, die das Feld des Unbekannten vergrößern. Si dehnen das Unbekannte aus, wenn man so sagen darf Hier kehrt sich etwas um. Das ist nicht pessimistisch ge meint, sondern es geht um eine prin zipiel le U mkehrung Man geht nicht mehr von einer positivistischen oder ne vistischen Vorstellung aus, sondern von einer reiativis schen. Das Problem ist folgendes: die Technik ist ein sei, also arbeiten wir am Rätsel und nicht mehr ausschließlich an der Technik.

Worin besteht das Rätsel der Stadt für einen Technik des Städtebaus? Du sagst, daß die zukünftige Stadt i Geschwindigkeitsvektoren verschwindet. Aber verda die geographische Stadt nicht gerade der Geschwindi keit ihre Existenz?

Die Stadt ist immer eine C;eschwindigkeitskiste, ein G triebe gewesen. Die Organisation der Stadt besteht i rer Straßenführung. Und was sind Straßen? Sie sind dränge. In Griechenland nennt man die Straße dromo d.h. Rennbahn. Solange es nur geringe Möglichkeite zur Beschleunigung gab, und solange Festungsmauern eher als Schnellstraßen Ausdruck der Stadt ware hat man geglaubt, sie organisiere nicht die Geschwin keit. Wenn man sich jedoch den griechischen Städteb ansieht, etwa die Stadt Milet, den kolonialen Städteb oder den Aufbau des römischen Heerlagers, so sieht deutlich, daß sie aus gradlinigen Wegen bestehen. E eine Organisation von Geschwindigkeit, um die BevÖl rung so schnell wie möglich zu den Stadttoren, zum Stadtrand zu bringen. Eine Stadt ist nicht einfach b ein Ort, wo man wohnt, sie ist vor allem eine Straße zung.

Die Beschleunigung bringt daher gerade das Wesen Stadt wieder zum Vorschein, sie verwandelt nämlich nen sozialen Raum in eine Zeitschaltung.



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