Sinn Féin (»wir selbst«), irische republikanische Partei, die 1905 u. a. von Arthur Griffith gegründet wurde. Ihr Hauptanliegen bestand in der politischen, ökonomischen und kulturellen Unabhängigkeit Irlands von Großbritannien. Der Gründung der Sinn Féin war der Zusammenbruch der irischen Home-Rule-Bewegung Ende des 19. Jahrhunderts vorausgegangen. Ihr Ziel war es, zusammen mit Gewerkschaften und sozialistischen Gruppierungen verstärkt Druck auf das von ihr abgelehnte britische Parlament auszuüben.
Hatte die Sinn Féin zunächst versucht, ihre Forderungen politisch durchzusetzen, so wurde sie ab 1914 zunehmend radikaler. Am 24. April 1916 eskalierte die Situation im von Michael Collins mitorganisierten Osteraufstand, der von britischen Truppenverbänden brutal niedergeschlagen wurde. Die Sinn Féin avancierte zum Forum extremer nationalistischer Kräfte. Bei den Wahlen im November 1918 wurden 73 Mitglieder der Partei ins britische Unterhaus gewählt, doch weigerten sie sich, ihre Sitze einzunehmen, um so gegen die britische Herrschaft in Irland zu demonstrieren. Stattdessen gründeten sie im Januar 1919 das erste irische Parlament (Dáil Éireann) in Dublin, erklärten Irland für unabhängig und ernannten den Vorsitzenden der Sinn Féin, Eamon De Valera, zum Regierungschef der neuen Republik. Dies führte zum Anglo-Irischen Krieg (1919-1921). Als die britische Regierung einem südirischen Freistaat zustimmte, spaltete sich die Sinn Féin in die Befürworter (Fine Gael) und die Gegner des Teilungsvertrages (Fianna Fáil: »Schicksalskämpfer«), zwischen denen es zum Bürgerkrieg (1922-1923) kam. Fine Gael und Fianna Fáil dominierten fortan die Politik in der Republik Irland.
Nach ersten Unruhen in Nordirland 1969 konstituierte sich die Sinn Féin als politischer Arm der verbotenen Irisch-Republikanischen Armee (IRA); 1983 übernahm Gerry Adams die Führung der nordirischen Sinn Féin. 1982 weigerten sich die ins britische Unterhaus gewählten Sinn Féin-Mitglieder, ihre Sitze einzunehmen. Ende 1986 schließlich gab die Sinn Féin den Boykott gegenüber der britischen Regierung auf, was zur Bildung einer neuen Splittergruppierung, der Republican Sinn Féin, führte. An dem von der IRA am 31. August 1994 verkündeten Waffenstillstand war der Sinn-Féin-Vorsitzende Garry Adams maßgeblich beteiligt. Im September 1997 unterzeichnete die Sinn Féin ein Gewaltverzichtsabkommen und schuf damit die Voraussetzungen für ihre Teilnahme an den Friedensverhandlungen über Nordirland; zwei Wochen später nahmen Großbritannien, die Republik Irland sowie die wichtigsten protestantischen Parteien Nordirlands und die Sinn Féin die Friedensgespräche auf. Nach einem neuerlichen, der IRA zugeschriebenen Anschlag wurde die Sinn Féin im Februar/März 1998 zeitweise von den Verhandlungen ausgeschlossen; sie sah sich deutlich ins Unrecht gesetzt und kehrte erst nach einem Treffen zwischen Adams und dem britischen Premierminister Tony Blair wieder an den Verhandlungstisch zurück. Am 10. April 1998 endeten die Nordirland-Gespräche mit der Unterzeichnung eines Friedensabkommens über Nordirland, dem wenig später auch die Mehrheit der Sinn-Féin-Basis zustimmte.
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