Ach, Kleines, jetzt bist Du schon seit mehr als vier Monaten tot. »Tot« - das doppel-»T« mit diesem allumfassenden »o« im
Mittelpunkt. Aber vor allen Dingen Du. Jetzt, wo ich langsam, aber sicher auf der Erde ankomme, wird mir der Nachhall
Deiner ach so unendlichen Präsenz immer bewusster. So manchem unglaublichen Morgen wiegt sich nun Dein blonder Schatten
entgegen, während ich morgens um halb sieben völlig zerstört in der S42 lehne, schlechten Kaffee in der Hand und miesen
Drufftechno auf den Ohren und in dem nimmer verhallenden Versuch, Unsterblichkeit im Denken und Handeln zu erlangen.
Manchmal stolpere ich über diese schrecklichen Linien im Kopfsteinpflaster und wünsche mir so sehr, wenigstens den
sommerwarmen Hauch der Neurose spüren zu können, die Du hattest: 1-2-3-4-5-6-7-8-9-9-9-9-10 ... und niemals ÜBER die Linien
treten. Ich war nie besonders spirituell, aber Dein Ableben, die Auffindesituation und - was wohl am wichtigsten sein
dürfte - die Konstellation der ohnehin parallel verlaufenden Ereignisse belehren mich mittlerweile darüber, dass alles -->
ALLES!! --> einen Grund hat: alles fügt sich, denn alles hängt miteinander zusammen. Und so blicke ich manchmal in die
Sonne, sei es am Morgen oder am Abend, sei es im nor-manischen Wahn oder in entrückter Ekstase ... als wir an den Stränden
unseres Seins dereinst aus modderigen Ideen unsere Kleckerburg aus Zukunft formten und als wir uns ungewiss gewiss waren,
dass wir sehr gewiss ungewiss sterben werden; tja, da hast Du dich versehentlich umgebracht. Ein Missgeschick, das nur
wenigen zu Teil wird. Ich wusste und weiß, dass Du es nicht wolltest. So nicht. Aber was kann ich nun tun?
Wie angekündigt: Du bist Asche und ich bin Asche. Aber ich laufe und Du bist Erinnerung. Schmerzliche Erinnerung ... und
ich liebe Dich. Und die Erinnerung an Dich.
Bitte hol' mich!!
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