Und nun zu Dir, Beate:
Alles, was Du tust und tatest war extrem. Exzessiv. Ohne Rücksicht auf Verluste. Alles was Du tust und tatest. Niemand hat Dich je verstanden (außer mir, wie Du sagtest), das war Dein Verhängnis. Diese Welt bereitet Dir Schwermut und Angst, doch Du gehst durch diese Welt in den höchsten High-Heels, die man je sah. Und dann beschließt Du sterben zu wollen. Alle Psychiater, alle Sozialkorrektoren, Instanzen haben Dich verraten. Doch vorher hast Du dich selbst verraten - Du konntest nicht anders. Zur falschen Zeit am falschen Ort, so wurdest Du in diese windige Welt geworfen ohne je die Chance gehabt zu haben, Dich zu leben. Also hast Du beschlossen, Dich fortwehen zu lassen. Niemand hat Dich je verstanden, niemand konnte Deine zarte Hand fest genug halten. Du hast entschieden, zu sterben. Stückchenweise, Schluck für Schluck. Ich habe Dich auf der Intensivstation im Wachkoma gesehen, ich habe Deinen zerschundenen Leib gesehen, ich habe Deine Angst gesehen. Durch Dich habe ich den Verfall kennengelernt, gesehen, wie Seelen bluten können. Wie oft warst Du in diesem Jahr in der Klinik? 30 mal? 40 mal? All meine Kindergartenpsychiatrie, all mein Voodoo, all mein Crack ... ich konnte und kann Dich nicht retten. Täglich lese ich die Polizeimeldungen, ob Deine erfrorene Leiche gefunden wurde; Du brennst, kleines Mädchen! Was kann ich Dir noch wünschen? Ein Korsakow-Syndrom extremster Qualität, damit Du deinen Tod nicht mehr erleben musst? Wilde Konfabulationen im Klinikhemd, 10000 Schritte Tag für Tag den Gang hoch- und runter tapsend, polyneuropathisch? Für eine Umkehr ist es wohl zu spät, die Geisteskrankheit der Zivilisation hat Dich längst in ihrem Griff, denn Du bist leicht, zu leicht für diese windige Welt. Und niemand versteht Dich, hat Dich je verstanden. Du zerreißt Dich selbst, stückchenweise, Schluck für Schluck. Tatenlos muss ich zusehen, wie ein Mensch verfallen kann, sich wegwirft, weil er die einzige Blume in der Ödnis ist, in der kein verständnisvoller Regen auf sie lebensspendend rieselt. Du hast mich nicht verlassen und ich habe Dich nicht verlassen. Dein Wahn hat Dich übermannt, Deine Angst war seine Nahrung. Und so hast Du aufgegeben und Dich wegwehen lassen, kleiner Schmetterling. Der Wind hat Dich zerrieben und geblieben ist ein gemarterter Leib voll Tränen und Verzagtheit. Du wolltest nie sterben, Du wolltest leben und endlich laufen ... jetzt vergehst Du wie kalter Zigarettenqualm und zurück bleibt nicht mal Deine Asche, denn Du bist zu leicht für diese windige Welt, in der Dich niemand je verstanden hat. Aber eines sollst Du wissen: ich bin immer da, auch wenn ich nicht da bin.
Finde Deine Ruhe ... ich muss gehen.
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