Oft klingelt es an der Tür - und kein Mensch steht draussen, wenn man man an die Sprechanlage geht. Man denkt meist: spielende Kinder, oder Leute, die sich in der Adresse bzw. dem Klingelknopf geirrt haben. Doch es gibt noch eine Gruppe von solchen Benutzern von Wohnungsklingeln, die in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist: die Beamten. Wenn der an seine Dienstzeit gebundene Beamte einfach mal keine Lust mehr hat, kann er Urlaub nehmen. Das ist aber meist nicht so einfach, da der Urlaub des Beamten durch die Schulferien, die gebuchten Urlaubsreisen und dergleichen bis auf eine Notreserve (»für wenn mal was ist«) aufgebraucht ist. Also sucht der Beamte nach anderen Möglichkeiten. Eine davon ist, sich eine Akte unter den Arm zu klemmen, und sich zu einer Inaugenscheinnahme abzumelden. Manche Sachverhalte erschließen sich eben nicht aus der Aktenlage - man muß sie selbst gesehen haben, persönlich mit dem Bürger vor Ort gesprochen haben. Für eine solche Aktion sucht sich der Beamte natürlich Bürger aus, deren Wohnsitz an der äussersten Grenze seines örtlichen Zuständigkeitsbereiches liegt, damit die Dienstfahrt dorthin auch zuverlässig den Rest des Tages absorbiert. In der Akte wird dann vermerkt, daß der Bürger leider nicht angetroffen werden konnte. Aus diesem Grunde existieren in Behörden inzwischen regelmässig umfangreiche Regelwerke darüber, wann und unter welchen Bedingungen eine solche Inaugenscheinnahme des Sachverhaltes mit oder ohne Genehmigung des unmittelbaren Vorgesetzten überhaupt zulässig ist. Die Auslegung dieser Regelwerke nimmt aus naheliegenden Gründen ebenfalls einen erheblichen Teil der Dienstzeit des Beamten in Anspruch, der ja schließlich - von Ausnahmefällen abgesehen - nicht einfach so wegfahren kann, erst recht nicht in einem Dienstwagen !
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