Der prallippige Aktivist bei Amnesty verläßt seine
Wohnung am frühen Morgen. Er hat dampfenden,gut
duftenden Kaffee mit ein bissel Rum und sehr viel
Schlagsahne und große,reichlich belegte Brote mit
Zwiebelringen, Paprika-und Tomatenstreifen vorbereitet. Er selbst trinkt ein Glas Wasser und
ein Stück trockenes Brot und bringt dann das vorbereitete gute Frühstück zu seiner armen Nachbarin,die froh ist,mal was Gutes zu bekommen.
Er putzt ihre ganze Wohnung und ihr Klo und geht
dann auch für sie einkaufen. Nach dem Einkauf kommt
er bei einem Park vorbei,in dem Obdachlose und
eine hungernde Frau sitzen,die blass ist und
ein dürftiges Gewand trägt.Er geht mit ihnen zu
einem Imbißstand und bringt sie zu einer guten
Einrichtung der Diakonie,wo es gemütliche Schlafzimmer,einen großen Raum mit Kleidungsstücken und Gebrauchsgegenständen,mehrere
Waschmaschinen und einen Speisesaal gibt.
Eine Studentin,die mehrere Sprachen beherrscht,
hilft ihm,Briefe zu schreiben:Einen anerkennenden
in brasilianischem Portugiesisch an den neuen
Präsidenten von Brasilien,Lula de Silva,der viel
für arme Leute tut und etliche Ministerinnen,darunter eine Frauenministerin und
eine Ministerin für Indigene,die selbst Indigena
ist,hat; einen sehr lobenden an den neuen polnischen Regierungschef,der in seinem Land für
mehr Menschenrechte und für Frauen tun will und
für eine fairere Regelung bei Schwangerschaftsabbrüchen (zu viele Frauen sind
in Polen gestorben!)sorgen will; einen spanischen
Brief an den neuen rechtsextremen Präsidenten von
Argentinien,der »mit der Kettensäge durchs Sozialsystem fahren«will; einen russischen Brief
an Putin; Briefe auf Ungarisch und Türkisch an
die Diktatoren Orban und Erdogan.
Englisch kann er selbst,und so schreibt er Briefe
an die Gouverneure von Florida und Utah: Da sind
nun Bücher über sexuelle Aufklärung und Evolution
und sogar das »Tagebuch der Anne Frank«und einige
Verfilmungen davon sowie eine animierte Fassung
verboten worden.
Er spendet für ein Tierasyl und füttert mit seinen
Lippen einen erbärmlich winselnden Hund.
Dann geht er zu einer Demo für Frauenrechte,bei
der eine Trans-Frau,die als Bub geboren wurde,
beschimpft wird:»Du bist keine richtige Frau!«
Er küsst sie auf den Mund,nimmt ihre rechte Hand und stellt sich neben sie.
Beim Weitergehen sieht er bullige Typen,die ein paar Afrikaner umlungern:Auch da stellt er sich auf die Seite der Afrikaner.
Er geht zu einer Arztpraxis,wo eine Ärztin Menschen gegen Covid impfte -und dann in den
Selbstmord getrieben wurde.Und er hängt einen
handgeschriebenen Brief an die Tür ihrer Praxis.
Sein weiterer Weg führt zu einem Platz,wo eine
Frau,die eine Regenbogenfahne hisste,abgeknallt wurde.Er malt sie farbig mit Kreide auf das
Straßenpflaster. Die hübsche Sprach-Studentin
ermittelt,wie das Frauenhaus zu erreichen ist,
und er schickt Kleidungsstücke und Lebensmittel
hin.
Er beschließt den Tag damit,daß er sich mit
Freundinnen und Freunden vor den jüdischen Tempel
stellt,wo eine Regenbogenfahne,eine Friedensfahne,eine Fahne mit dem David-Stern und
eine palästinensische Fahne hochgezogen werden.
Dann geht er an der Wohnung der armen Nachbarin,die er laang auf den Mund küsst,vorbei
in seine Wohnung heim.
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