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Er war stellvertretender Schulleiter, Studiendirektor, gab Geschichte und Deutsch. Er war recht klein, seine Statur bis ins hohe Alter athletisch, sein Kopf eine Caesarenbüste - mit dicker Hornbrille. Wenn er vor der Klasse vortrug, konnte man eine Stecknadel fallen hören. Keiner Diskussion ging er aus dem Weg, focht eine scharfe Klinge mit jederman (es war ja eine reine Jungenschule, damals). Guten Argumenten zollte er stets Respekt auch dann, wenn sie von Jungs vorgetragen wurden, die er überhaupt nicht mochte, oder nicht zu seiner immer deutlich bekannten konservativen Einstellung passten. Unser »Bekenntnisschwuler« lieferte sich leidenschaftliche Wortgefechte mit ihm. Die übelsten Rabauken hielten dabei die Luft an. Versuchte jemand einen dummen Streich, dann diskutierte er darüber: »Was willst Du damit bezwecken ? Was bringst Du damit zum Ausdruck ? Bringt Dich das irgendwie weiter ?« Er erteilte niemals Strafarbeiten, Klassenbucheinträge oder solchen Kokolores. Wenn er »Halt jetzt den Mund!« sagte, traf es wie ein Peitschenhieb. Wer gegen ihn antrat, mußte fechten können - konnte er es, erntete er Anerkennung und gute Noten. Konnte er es nicht, wurde er erbarmungslos zersägt, in einfachen, klaren Worten. Man wußte immer genau, woran man bei ihm war. Selbst die, die seine Auffassungen nicht teilten, freuten sich auf seinen Unterricht. Auch unser »Bekenntnisschwuler« liebte ihn als Lehrer. Man wuchs an seinem Widerspruch - und er lies uns wachsen. Ich habe seither niemanden erlebt, der eine solche natürliche Autorität ausstrahlte, wie dieser - im besten Sinne des Wortes: Schulmeister.
Vor einigen Jahren war ich bei einem ehemaligen Kameraden zu Gast, der sein Haus gekauft hatte, als wohlbestallter Facharzt für Lungenheilkunde. Er war sehr stolz, im Hause dieses seines großen Lehrers zu wohnen.
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