Simone strafft sich ein wenig. »Ja, sie kenne dope von der Palliativ, ja. Die Zivis hatten immer was dabei.«
In ihrer Freizeit recherchiert sie die pharmakologischen Eigenschaften der grauen Substanz.
Simone schaut verlegen drein, ihr Gesicht ein Schatten vor dem Fenster in einem thüringer Fachwerkhaus. Sie fährt fort, hastig an ihrer Zigarette ziehend. Der rote Punkt zittert in der zunehmenden Dunkelheit:
"Im Tierversuch konnte gezeigt werden, dass THC die Neuroneogenese im Hippocampus stimuliert. In Verbindung mit Fluoxetin - welches seinerseits die neuroplastizität anregt, entfaltet Cannabis seine Wirkung.
Nach einiger Zeit der Deperession nachm ich Cannabis zusammen mit Fluoxetin ein. Nun bin ich ein Monster. Meine Intelligenz nahm immer weiter zu, ich entlarvte Hausfrauenverdummung als solche und wurde Aktivistin im Kampf gegen die Soap.
Leider hat diese Hochbegabung einen einsamen Menschen aus mir gemacht. Auch, wenn es den Anschein hat, als kommunizierte ich mit Ihnen, ist es doch eher so, dass eine leblose Persona zu Ihnen spricht. Seien Sie nicht schockiert; ich weile bereits in einer besseren Welt."
Simone, die entrückt in die Garnitur sinkt und dabei Chackren auf ihrer Stirn balanciert, fährt fort:
"Anfangs fühlte ich mich wahnsinnig überlegen. Ich begann, andere in diese fremde Welt hinein zu stoßen. Dieses Licht! Ich habe unsere Patienten ins Licht gebracht. Nach meinem Ausscheiden aus dem Hospiz habe ich noch eine Zeit lang als Hospizkasper gejobbt, aber man hat mich irgendwann rausgeschmissen. Es ist nicht schön, zum alten Eisen zu gehören.
Nun habe ich das Ausdrucksputzen für mich entdeckt. Auch ein Mensch wie ich, der schon mehr Tage hinter sich weiß als vor sich, auch ein alter Mensch möchte sich verwirklichen können. Die Meisterschaften geben mir einen gewissen Kick"
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