Ahmed Ben Abdelkader
Mohammed Bugrina
Mohammed Altatoul
Mohammed Raji
Chihib el Bekkay
Abu Bekr Muhammed ben Sakerija
Markus von Schillingsfürst
In Abankor ist Revolution (Umwälzung, Umsturz). Von Kossajthung und vom Kifferparadies ausfahrend und/oder ausgehend stürmen Rote, Schwarze, Gelbe, Grüne, Punker, Skinheads und Autonome die Häuser und Plätze der Regierung. In der Nähe des Bahnhofs und auf den Straßen und Plätzen um den Bahnhof herum verhindern die gegenerischen Gruppen Kollateralschäden und halten in einem letzten Rückzugsgefecht den Bahnhof für ihre Flüchtlinge frei. Der dicke Besold, Frau, Diener und Kind stolpern keuchend eine Bahnhofstreppe hoch. In ihren Händen Koffer und Taschen. Ein Schaffner steht am abfahrbereiten Zug. Der dicke Besold: »Haben Sie noch freie Plätze in der ersten Klasse?« Der Schaffner, spöttisch lächelnd: »Nein.« »In der zweiten Klasse?« »Nein. Sie, ihre Anhängsel und Begleiterscheinungen können nur noch im Gang mitfahren.« Besolds Frau: »Dann nehmen wir den nächsten Zug.« Da schreit Markus Renner aus einem offenen Zugfenster: »He Manfred, willst du wirklich ein ganzes Jahr warten?«
25. Oktober 2003. Berlin. 4 Uhr 28. Fremdworterklärungen zum schnelleren und besseren Verständnis der Nachfolgeerscheinungen. Und. Kossajthungs erste und zugleich letzte Stzellungnahme zum Weltbürgerkrieg auf dem Alexanderplatz am Prenzlauer Berg.
* Chaos (griech.) die noch ungeformte Masse(n) der Welt, die Welt vor der Schöpfung; übertragen: Durcheinander, Wirrwarr; aus chaos »unmeßbarer, gähnender, leerer Weltraum«, zu chaskein »gähnen, klaffen«
* Genie schöpferischer Mensch; aus frz. genie »Geist, außerirdisches Wesen, schöpferischer Mensch; aus lat. genius «Schutzgeist, über den Menschen waltender, sie durchs Leben begleitender Gott», eigentlich «der Leben Erzeugende», zu genere, ältere Form von gignere «zeugen, erzeugen, hervorbringen". Christlich erklärt: Vater, Sohn, ihr heiliger Geist und die unbefleckte Empfängnis.
* Offizier Soldat in einem Rang vom Leutnant aufwärts; aus frz. officier in der gleichen Bedeutung, sowie »Beamter«, aus lat. officium »Dienst, Amt«, eigentlich »eine Arbeit, ein Werk«, aus opus »Werk« und facere »machen«
kollateral (lat.) am eigenen Körper seitlich nebenher- und/oder vorbeilaufend; Kollateralverwandte(r) einer Nebenlinie, entfernte(r) Verwandte(r)
*Konsequenz (lat.) Folgerichtigkeit, Beständigkeit, Beharrlichkeit; aus consequens »folgerichtig, in richtiger Folge«, zu consequi »logisch folgend, nachfolgend«
* Inkongruenz (lat.) Nichtübereinstimmung, nicht übereinstimmende Stellungnahmen: sich nicht deckend
*Argument (lat.) einleuchtende Entgegnung; aus argumentum »Beweis(grund, Gegenstand einer Darstellung«, zu arguere »klar dastellend beweisen«, zur indogermanischen Wurzel *areg- »Weiß glänzend«, anders gesagt: »klar machen, erhellen«
* Etymologie (griech.) Herkunft der Wörter, Lehre von der Herkunft der Wörter; aus etymos/eteos »wahr, wirklich« und logos »Wort, Lehre, Bekanntmachung«, zu legein »sagen, sprechen, erklären«
Quellen: Knaurs Wörterbuch, Knaurs etymologisches Lexikon
Das folgende Zitat erklärt vielleicht, warum, wir, im Zusammenhang mit unseren Texten, Fremdwörter erklären.
Zitat
Die Menschen sprechen heutzutage in jeder Stunde vom Horror in Indonesien, vom Hunger in Afrika und von der Globalisierung, vom Islam, von Israel, vom Irak, von Afghanistan, New York und Marokko, von den Chaostagen* der Skinheads und Punker und von den »leider immer noch« existierenden Autonomen, von der, so hoffen viel, bald in der Vergangenheit verschwindenden PDS, vom Ego des besser verdienenden Möllemanns, und von 900.000 Euro, die er für ein Flugblatt mit übler Hetze gegen Israel ausgab, von der Umverteilung von unten nach oben durch immer mehr Schulden der armen Staatsbürger bei den reichen Staatsbürgern, wobei letztere unglaubwürdig große Summen als Zinszahlungen kassieren und dicke Bündel Steuerhinterziehungsgelder in die Schweiz oder nach Lichtenstein schmuggeln, von unverschämten Arbeitslosen, die nicht mal für einen Euro Stundenlohn Fenster und Ärsche putzen wollen, von schädlichen Gewerkschaften, die seit 150 Jahren die deutsche Wirtschaft ruinieren, von Neonazis, die in der Berliner S-Bahn einem nigerianischen Botschaftsangehörigen zwei Zähne ausschlugen, weil er nicht ihre minderwertige Gehirnmasse und blaße Hautfarbe hat, von Boujadi, der eine Stunde nach Mitternacht, von einer Party kommend, überfallen und ausgeraubt wurde, dabei raubte man ihm eine Uhr (Schätzwert fünf Euro), wertvolle weil alte und kaum noch beschaffbare Schallplatten und seinen Schlüsselbund, von Anoubi, der herumtelefonierend Geld leihen mußte, weil er wegen diesem Überfall, überraschend, Haus- und Wohnungsschlösser auswechseln lassen mußte, von dem Straßenräuber, der »wehr dich nicht, dann passiert dir nichts« sagte, und zu Boujadis Feststellung »ich habe keinen Geldbeutel und keine Bankkarte dabei« als Antwort wußte: »Willst du uns verarschen«. Fragen: Warum soll Boujadi, der von Arbeitslosenhilfe lebt, und, da sie unter Pfändungsgrenze liegt, sein Konto nicht überziehen kann, und dessen Kontostand zum Zeitpunkt des Überfalls mit 23 Cent im Minus war, nachts seine Bankkarte durch die Gegend schleppen? Warum soll er einen leeren Geldbeutel herumtragen? Frage an Amenokals: Warum ist nicht mal mehr die Gegend am Prenzlauer Berg sicher?
Die Menschen sprechen nicht nur darüber, in der Zeitung, in ihren Klubs, in den Kneipen, Cafes und im Internet, sie diskutieren auch. Und sie diskutieren nicht nur, sie kämpfen auch um die Dinge, die hinter ihren Worten sind. Und im Kampf kommt es dann vor, daß Menschen sich gegenseitig umbringen.
Es wäre naiv anzunehmen, daß diese grausamen Auseinandersetzungen auf einzelne Gebiete begrenzt werden können, weil sie, in der Wirklichkeit, sich immer mehr ausweitende Erscheinungen sind. Gewiß werden auch in der Zukunft diese wilden Kämpfe für die einen schwerer als für die anderen sein, und viele rechnen mit ihrer genialen* Gemütsruhe und hoffen, daß es ihnen gelingt, die Verwüstung von ihrem Haus ja von ihrer Straße fern zu halten. ... Wer Offizier* ist, und daher verantwortlich für Soldaten und Kollateralschäden*, hat wenigstens minimalste Vorsichtsmaßnahmen zu beachten.
Eine dieser Vorsichtsmaßnahmen, minimal - wie ich wiederhole -, aber unumgänglich, wenn eine Familie, Kommune und/oder Gruppe in diesem Sandsturm leben will, besteht darin, zu realisieren, daß eine ausreichend große Zahl von Personen schreiben, sehen, lesen und hören kann, bis zu welchem Grad Ideen - nennen wir sie einmal so -, über die man spricht, kämpft, diskutiert und sich erschlägt, grotesk verworren und maßlos unklar sind.
Man redet, schreibt und spricht über all diese Fragen und Dinge, man dreht und zeigt Filme über sie, aber das, was man sagt, hat selten die geringste Klarheit, ohne die das Funktionieren des Sprechens, Schreibens, Sehens und Lesens nur schädlich sein kann. Denn das Funktionieren hat immer Konsequenzen*. ... Eines der schlimmsten Übel ist die Inkongruenz* zwischen der Bedeutung, die den Fragen und Problemen in der gegenwärtigen Zeit zukommt, und der Grobheit und Verworrenheit der Begriffe, mit denen wir argumentieren*.
José Ortega y Gasset: »Gesammelte Werke. Band VI«; Kapitel: »Der Mensch und die Leute. Das Fehlen klarer Begriffe.« S. 15 ff. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart, 1996
E-mail an Friedrich Rad: Wenn du meinen Liebsten siehst, sag, ich sei gestorben, fängt er dann zu weinen an, sag, ich komme morgen.
Kossajthung
Amenokal
in Ingos Burg
in Peters Dorf
in Tom Cats Schiff
|