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wuming schrieb am 8.3. 2010 um 03:55:55 Uhr über

Atommafia


Das BKA ortet türkische Banden auf dem nuklearen Schwarzmarkt. Auch Schewardnadse-Leibwächter soll in Uran-Deal verwickelt sein
Von FOCUS-Redakteur Josef HufelschulteHaydar Akhan spielte gern den braven Bürger – unbescholten und gesetzestreu. Der 53jährige fuhr über keine roten Ampeln, zahlte pünktlich die Miete für sein Appartement im Düsseldorfer Stadtteil Flingern. In Zürich beteiligte sich Akhan, geboren in Konya/Türkei, an einer Firma für Im- und Exportganz korrekt nach Schweizer Art.
Wird die Wahl im Irak wieder von den Sunniten oder Schiiten boykottiert?
Gefragt von Suschit Eine perfekte Fassade für strahlende Geschäfte. Akhan, offenbar doch kein wahrer Biedermann, gilt im Bundeskriminalamt (BKA) mittlerweile als Angehöriger einer straff organisierten Bande von Atom-Gangstern mit erstklassigen internationalen Beziehungen bis hoch in die Politik.

Die Nuklear-Fahnder vom Wiesbadener BKA-Fachreferat OA 36-21 sind überzeugt: Haydar Akhan, der am 22. Januar von der Kantonspolizei Zürichwomöglich viel zu frühmit einer Probe von zwölf Gramm Uran 235 verhaftet wurde, hatte feste Abnehmer in Aussicht.

Umfangreiche Vernehmungsprotokolle, die FOCUS jetzt zur Einsicht vorlagen, geben darüber Aufschluß: Die Zürcher Probe sowie weitere 1,2 Kilogramm hochangereichertes Uran 235, bei einer Razzia am 26. Januar in der türkischen Provinzstadt Yalova entdeckt, waren für Libyen bestimmt. Haydar Akhan hatte mit seinen Kontaktleuten bereits acht Monate zuvor den Preis für die heiße Ware vereinbart: 1,5 Millionen US-Dollar.

Die Polizeiaktion und Vernehmungen der Staatsanwaltschaft in diesem Atom-Krimi bestätigen Erkenntnisse und Einschätzungen westlicher Nachrichtendienste:

Agenten in staatlicher Mission suchen auf dem atomaren Schwarzmarkt mit hohem Einsatz nukleares Spaltmaterial für die Herstellung von Kernwaffen. Die Beschaffungsaufträge stammten nachweislich aus Iran, Irak, Nordkorea und Libyen, teilte John M. Deutch, Direktor des US-Geheimdienstes CIA, erst am 20. März einem Senatsausschuß in Washington mit.

Im Bonner Plutonium-Ausschuß, bislang erfolglos bei der Fahndung nach einer angeblichen Schmuggel-Inszenierung deutscher Sicherheitsbehörden, nannte BND-Präsident Konrad Porzner Zahlen: 1994 habe es nach Erkenntnissen des Bundesnachrichtendienstes 169 Fälle von Nuklearkriminalität gegeben.

Die Ermittlungsakte des mutmaßlichen Nuklear-Dealers Haydar Akhan verdeutlicht, wie problemlos der Stoff für die Bombe offenbar zu beziehen istdank der Mitwirkung sogenannter einflußreicher Kreise.

Akhans acht Komplizen, aufgrund eines Tips der Schweizer Polizei in der Türkei verhaftet, packten in den Vernehmungen aus. Ihren Geständnissen zufolge reisten Osman Oruc und Mehmet Öztürk 1994 nach Georgien. In der Hafenstadt Batumi am Schwarzen Meer besorgten sie das Ende Januar 1996 in der Türkei beschlagnahmte hochangereicherte Uran 235, das Akhan für 1,5 Millionen Dollar nach Libyen verkaufen wollte.

Ein Geschäft mit enormer Gewinnspanne. Der Einkaufspreis, so steht"s in den Unterlagen der Kriminalpolizei Istanbul, betrug nur 100 000 US-Dollar.

Die Aussagen der türkischen Uran-Dealer sind brisant, denn: Der Verkäufer des Bombenstoffs heißt angeblich Taraci. Er ist der Sicherheitschef des georgischen Präsidenten Eduard Schewardnadse, der als früherer sowjetischer Außenminister mit Bundeskanzler Helmut Kohl und seinem Amtskollegen Hans Dietrich Genscher die deutsche Einheit verhandelte.

Taraci, als oberster Bodyguard des engen Genscher-Freunds Schewardnadse ein Mann mit großem Machtbereich, bot weitere Deals an. Dies wohl in der festen Gewißheit, daß niemand im Land ihm auf die Finger zu sehen wagt.

Die Rolle des Schewardnadse-Vertrauten Taraci gibt erstmals klare Hinweise darauf, daß staatliche Auto-ritäten maßgeblich als Anbieter und Beschaffer in den Nuklearschmuggel verwickelt sind.

Der 35jährige Lebensmittelhändler Ahmet Dursun Yalcinkaya, am 26. Januar in Konya verhört, traf den Intimus des georgischen Staatspräsidenten am 3. und 4. Oktober 1995, wiederum in Batumi. Nach Yalcinkayas Angaben bot der von zehn Muskelmännern begleitete Taraci diesmal an, drei Kilogramm Uran 235 zu besorgen. Der verhandelte Preis: 200 000 US-Dollar in bar.

Laut Vernehmungsprotokoll fährt der Türke mit dem Taraci-Clan in die Stadt Kasuvri, 250 Kilometer entfernt von Batumi. Dort erhält Yalcinkaya einen Videofilm, der den Uranbehälter samt strahlender Ware zeigt.

Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob der Deal um drei Kilo Uran im Herbst 1995 über die Bühne gingangeblich soll die strahlende Menge bereits in der Türkei in einem Versteck liegen. Unbestritten ist indes, daß Haydar Akhan am 1. Januar 1996 im Hotel „Antik Madrit“ in Istanbul eine Uranprobe für seine libyschen Interessenten erhielt und die Lieferung der später beschlagnahmten Menge von 1,2 Kilo Uran in die Wege leitete.

Dies bestätigte Sami Akkaya, der die heiße Ware mehrere Monate versteckt hatte. Auch seine Tarnung war bislang nahezu perfekt: Im bürgerlichen Leben verkaufte Akkaya Schul- und Lehrmaterial.

Nuklear-Händler wie Haydar Akhan und seine Kumpane werden in nächster Zeit wohl nicht arbeitslos. Das Interesse an nuklearem Spaltmaterial, heimlich auf dem Schwarzmarkt besorgt, hält an.

Ganz eifrig in der Beschaffung ist nach wie vor die Islamische Republik Iran, die nach jüngsten Erkenntnissen amerikanischer Geheimdienste derzeit neue Schmuggelwege aufbaut. Teherans nützliche Helfer sind diesmal Deserteure der irakischen Armee und kurdische Banden, die geheime Transporte über ihr Stammesgebiet ermöglichen.

Aber auch Saddam Hussein, Diktator in Bagdad, schickt seine Agenten auf die Piste. Das Wiesbadener Bundeskriminalamt weiß von irakischen Nachrichtendienstlern, die augenblicklich in Deutschland unverdächtige Geschäftsleute für das zwielichtige Beschaffungsprogramm anwerben wollen.

Die Reise der meisten Nuklear-Kundschafter führt in das ehemalige Sowjetreich. Die Atomdepots, etwa die der russischen Nordmeerflotte, gelten als nicht sicher. 1994, Eile war geboten, kauften die USA in Kasachstan auf einen Schlag 600 Kilogramm waffengrädiges Urander Iran hatte bereits seine Finger danach ausgestreckt.

Alles nur Panikmache westlicher Geheimdienste?

Die beiden angesehenen Harvard-Wissenschaftler Graham Allison und Richard Falkenrath sehen es ganz nüchtern. In einer Analyse schrieben sie: „Das Heraussickern von Nuklearmaterial aus der ehemaligen UdSSR istdie größte Bedrohung lebenswichtiger amerikanischer und europäischer Interessen.“

Die größte Bedrohung lebenswichtiger amerikanischer und europäischer InteressenHarvard-Studie über unsicheres russisches Nuklearmaterial

GEFÄLLIGE FREUNDE GESUCHT

Der Krimi um 1,2 Kilo Uran zeigt, daß staatliche Stellen in den illegalen Nuklearhandel verwickelt sind. Unter Verdacht: ein Vertrauter des georgischen Präsidenten Schewardnadse. Das BKA warnt vor irakischen Agenten, die deutsche Kaufleute anwerben wollen.

SORGE UM DIE NORDMEERFLOTTE

LEICHTER ZUGANG: Die Nuklear-Lager der russischen Nordmeerflotte gelten nach Einschätzung westlicher Geheimdienste als unsicher

BEGEHRTE WARE: Brennelemente aus den Reaktoren der russischen U-Boot-Flotte

BOMBIGE GESCHÄFTE

HOLTE Uran aus Georgien: Osman Oruc

VERSTECKTE das Uran: Sami Akkaya

DER TRAUM DER DIKTATOREN VON DER ATOMBOMBE

GEHEIMNISVOLL: Libyens Staatschef Gaddafi träumt weiter von Atomwaffen. Überall läßt er den Bombenstoff suchen


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