Merkwürdig ist auch das Fehlen grosser Chöre im Konzertbetrieb. Es gibt zwar ein paar, aber sie machen sich kaum bemerkbar. Das Oratorium, die Passion, die Kantate finden nur unzureichende Pflege und kommen der amerikanischen Oeffentlichkeit kaum zum Bewusstsein. Dagegen stehen die Orchesterkonzerte auf überragender Höhe. Man hört in New York das Bostoner Orchester unter dem sehr feinen Musiker Kussewitzky, das Philadelphia-Orchester unter Stokowski, der allerdings mehr Schaudirigent ist und gern, mit oder ohne Anlass, von sich reden macht. Die New Yorker Philharmonie selbst wird jetzt, nach Gastzyklen von Klemperer, Walter und dem begabten Amerikaner Werner Janssen von ihrem Hauptdirigenten Toscanini geleitet. Er bietet als wichtigste Gabe dieses Musikwinters einen Brahmszyklus. Hier hat man Gelegenheit, Brahms zum erstenmal zu hören, auch wenn man ihn gut zu kennen glaubt und schon oft gehört hat. Diese Toscaninikonzerte sind und bleiben etwas Einziges, nur ein schönes Zeichen dafür, dass wirklich grosse Kunst, Kunst um ihrer selbst willen, auch in unserer Zeit über alle Unzulänglichkeiten hinaus sich behauptet und triumphiert.
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