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Das Blaster-Team, am 22.4. 1999 um 00:36:32 Uhr
Assoziations-Blaster

»Das Netz bringt eine neue Masse von 'Nutzern' hervor, die den Mund halten und einfach nur klicken

Geert Lovink: »Abgesang auf die Avantgarde« In: Online Today 10/1998, Seite 62.)

Tim Berner-Lee hatte in der ursprünglichen HTML-Konzeption vorgesehen, daß Inhalte von WWW-Seiten von Surfern verändert werden können: »Mein ursprüngliches Konzept ging sogar noch weiter: Ich wollte, daß jeder im Netz Daten nicht nur lesen, sondern auch verändern oder ergänzen kann«.

Jürgen Scriba: »Wer Müll findet, hat selbst schuldInterview mit Tim Berners-Lee. In: Der Spiegel 30/1998.)


Beim Assoziations-Blaster handelt es sich es sich um ein Projekt, das Aspekte aus Netzkultur (Zusammenkommen von Personen im Medium Internet) und Netzliteratur (Texte, die eine Form der Vernetzung verwenden) verbindet.

Die Ideen entstanden im Rahmen eines Studienprojektes, in dem die mediengerechte Herangehensweise und Ausnutzung des Internets diskutiert wurde. Dabei beschäftigten wir uns vornehmlich mit Fragen der Vernetzung, der Interaktivität und, als wichtigstes, der Macht des Users.

Das Ergebnis unserer Überlegungen ist ein flexibles und von jedem erweiterbares Textnetzwerk. Grundsätzlich besteht dieses aus Stichworten, zu denen jeweils eine beliebige Anzahl an Texten gespeichert ist. Besucher bekommen aus diesem Vorrat zufällige Texte vorgesetzt. Nun besteht für den Besucher die Möglichkeit, zum Vorrat des aktuellen Stichwortes eine weitere Assoziation (also einen wie auch immer gearteten Text) hinzuzufügen. Dieser neue Text wird in der Datenbank abgespeichert und automatisch mit allen darin vorhandenen Stichworten verknüpft. Dies bedeutet konkret, daß sich alle Worte aus dem Text, die mit einem Stichwort in der Datenbank übereinstimmen, in einen Link verwandeln, der zu einem zufälligen Text aus dem Vorrat eben dieses Stichwortes führt. Nach drei Beiträgen erhält der Benutzer zum ersten mal die Möglichkeit, ein neues Stichwort zu eröffnen, zu welchem wiederum Assoziationen eingetragen werden können. Dieser Kreislauf führt mit jedem Schritt zu einem Anwachsen der Datenmenge und der Komplexität der Vernetzung.

Im Gegensatz zum UseNet, in dem eine hierarchische, lineare Verknüpfung stattfindet, bietet der Assoziations-Blaster eine jeden Beitrag gleichberechtigt behandelnde Verknüpfung, die keine zwingende Lesereihenfolge vorgibt und auch nicht möglich macht. Dadurch entsteht eine Art »Wissensbasis«, die am ehesten mit einer Brainstorming-Maschine vergleichbar ist.

Das hört sich zwar kompliziert an, ist für die Benutzer jedoch transparent und einfach zu verstehen. Eigenverantwortliche Teilnahme und Vernetzung gehören zu den Grundideen des WWW und des Internet allgemein, bis heute werden sie jedoch nur sehr selten tatsächlich in einer Form umgesetzt, die für jeden zugänglich ist.

In unseren theoretischen Überlegungen beziehen wir uns unter anderem auf Geert Lovink und Tim Berners-Lee, allerdings ist der Assoziations-Blaster kein abgehobenes Theoriebrimborium, das nur als Videodokumentation funktioniert und lediglich für Eingeweihte interessant oder verständlich ist. Stattdessen spricht er auch durch sein einfaches und durchsichtiges Konzept prinzipiell jeden WWW-Nutzer an. Daraus ergibt sich oft auch ein interessantes Zusammenspiel der einzelnen Beiträge: Theologische Theorien stehen auf einmal in Verbindung mit dem Runterbringen des Mülls.

Gleichzeitig bietet sich dem Besucher ein ausgewogenes Verhältnis von Passivität und Aktivität. Bisherige Experimente mit interaktiven Fortschreibespielen im Internet scheiterten letztendlich an mangelnder Beteiligung, die aus der linearen und hierarschichen Struktur resultiert, welche diese Spiele verwenden: Der Einstieg für Neulinge wird mit der Fortentwicklung eines solchen Projektes immer schwerer, da die Kenntnis eines über lange Zeit gewachsenen, umfangreicheren und verästelten Datenbestandes notwendig ist, um einen sinnvollen Beitrag zu liefern. Im Gegensatz zu solch einem baumartig organisierten Modell verhält sich der Assoziations-Blaster vergleichbar mit einem Pilzgeflecht, in dem jeder Text gleichwertig für sich alleine stehend funktionieren kann, jedoch gleichzeitig den Wert aller anderen Texte steigert. Ohne sich mit allen vorhergehenden Eintragungen befassen zu müssen, ist es möglich, im Assoziations-Blaster Insprirationen abzuholen oder – sinvoll – abzuladen.

Dadurch, daß der gesamte Vorgang automatisiert abläuft und keine Zensur ausgeübt wird, liegen Inhalt, Gewicht und Niveau des Assoziations-Blasters vollkommen in den Händen der Teilnehmer. Wir als Autoren haben lediglich ein System zu Wissens-Anhäufung und -Organisation geschaffen.

Der Assoziations-Blaster wurde Mitte Januar 1999 zum ersten mal öffentlich zugänglich und beinhaltet inzwischen (21.04.1999) 3840 Texte zu 452 Stichworten.


Technisch besteht der Assoziations-Blaster prinzipiell aus einem Perl-Script, das alle Textbeiträge verwaltet. Die Links werden erst beim Abrufen eines Textes erzeugt, damit seit der Erstellung des Textes entstandene Stichworte ebenfalls berücksichtigt werden.



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