>Info zum Stichwort Asche | >diskutieren | >Permalink 
solarsprayer schrieb am 15.2. 2001 um 06:09:39 Uhr über

Asche

"rb2 muß sein,
damit beim ob und
castör-stör-castör-stoppen!
wenigstens nicht der kopf schlapp
macht."



Der Geruch der Asche

Ein Essay von Gert Heidenreich


Am Morgen des 1 1. Mal 1933, als die flammende Hochstimmung vorüber war, lag der Geruch kalter Papierasche über den Stadtplätzen. Das Vernichtungsgeschrei gegen die beste zeitgenössische Literatur deutscher Sprache war vorläufig beendet, sein siegesgewisser, von Dummheit stolzgeschwollener Ton zwischen den Häuserwänden verhallt.
Man hatte gesoffen, Feuer solcher Größe machen durstig. Der Brumnischädel unter der SA-Mütze: Leiden für.s Vaterland, studentische Jugend »wider den deutschen Ungelst« ...
Wenn die angehenden Akademiker gewußt hätten, wie bald deutsche Städte niederbrennen würden; wenn sie gewußt hätten, daß es zur Erkühlung ihrer Hitzköpfe eines entsetzlichen russischen Winters bedürfen würde und daß etliche der Ihren an den Folgen dieser Zündelei jämmerlich krepieren würden - sie hätten vielleicht, und wenn nur aus Feigheit, einige der Bücher gelesen, statt sie zu verbrennen ...
Aber da sie schon lange Lust auf Scheiterhaufen hatten und - vorerst - noch nicht Menschen ins Feuer werfen durften, nahmen sie sich menschlich empfundene Bücher vor: Bücher, die sie nicht kannten oder nicht verstanden hatten, Bücher, die ihnen gefährlich erschienen, weil darin etwas Ewiges verborgen war: das kantische »Krummholz der Menschlichkeit« samt kategorischem Imperativ und allen seinen Folgen.
Die Bücherschmeißer handelten aus derselben Borniertheit, die heute in fundamentalistischen Staaten herrscht und der stets gegen Kritik und lebendiges Geistesleben nur Feuer und Tod einfallen.
Sie hätten damals übrigens auch Platon verbrennen müssen und Sophokles, dessen »Antigone« bereits ein antifaschistisches Drama war;
ntfernt, das Ergebnis unergründlicher und unüberwindlicher Nargesetze oder der so sündigen wie rettungslosen menschlichen atur zu sein - in nicht geringem Umfang ein Produkt dessen ist, as man nur als die politische Ökonomi'e der Ungewißheit bezeichnen ann.
Die politische Ökonomie der Ungewißheit besteht aus einer

ihe von »Regeln zur Aussetzung aller Regeln«, die lokalen polischen Autoritäten von extraterritorialen Finanz-, Kapital- und andelsmächten auferlegt wurden. Am eindeutigsten kommen rePrinziplenindemberüchtigtenMultilateralenAbkommen berinnale Investitionfbedingungen (MAI) zum Ausdruck: in den renzen, die es der Freiheit der Regierungen dabei setzte, die Beegungsfreiheit des Kapitals zu begrenzen, wie auch in der vereckten Art und Weise seiner Aushandlung und der Geheimhalng, der es mit Zustimmung von politischen und ökonomischen ächten unterlag - bis es von einer Gruppe investigativerjournasten aufgedeckt und veröffentlicht wurde.10 Die Prinzipien sind infach, weil zum größten Teil negativ verfaßt; sie sind nicht dazu edacht, eine neue Ordnung zu errichten, sondern lediglich, um ie bestehenden zu zerstören und derzeitige Staatsregierungen daon abzuhalten, die dementierten Regelungen durch neue zu ersetn. Die politische Ökonomie der Ungewißheit reduziert sich im esentlichen auf das Verbot politisch anerkannter und garantlerr Regeln und Regullerungen und die Entwaffnung der ihrer Veridigung dienenden Institutionen und Verbände, die es verhinerten, daß Kapital und Geld wahrhaft @fansfronti@res werden. Beide aßnahmen führen zu einem Zustand permanenter und allgegenärtiger Ungewißheit, der seinerseits die Herrschaft zwingenden echts und legitimierender Formeln als Basis für den Gehorsam der vielmehr als Garantie für das Fehlen von Widerstand) ge-


Pierre Bourdieu, »Der Neoliberalismus. Eine t3topie grenzenloser Ausbeutung wird Realität«, in: (-;egetzj@i4er, S. iog-i[8.

246

genüber den neuen, jetzt überstaatlichen und globalen For Macht ersetzen soll.
Die politische Ökonomie der Ungewißheit ist gut schäft. Sie macht aufwendige, schwerfällige und teure Dis rungswerkzeuge überflüssig und ersetzt sie weniger d Selbstkontrolle der geübten, gedrillten, bereits disziplinie
1 1 1

ekte als durch die Unfäh' ke't der pr'vatis'erten und en unsicheren Individuen zu gemeinsamem Handeln; eine keit, die noch durch den Zweifel verstärkt wird, irgendein ges Handeln könne effektiv sein und privates Leid könn lektive Anliegen, geschweige denn in die gemeinsamen einer alternativen Ordnung der Dinge umgewandelt wer Die politische Ökonomie der Ungewißheit setzt der m und kapitalintensiven Disziplinierung und besonders der gewalt und den Unterweisungsinstanzen ein Ende. Was lockung einer passiven Unterwerfung unter die Regeln de oder unter ein Spiel ohne Regeln betrifft, so ist endemis Gewißheit vom Fuß bis zur Spitze der sozialen Leiter ein und billiger, dabei hocheffizienter Ersatz für normative rung, Zensur und Überwachung. Abgesehen von den aus en und überflüss' en Rändern, wo man sich seines A

sen 19 1 1
ses und seiner Überzähligkeit viel zu bewußt ist, als daß die Strategien der Ungewißheit empfänglich wäre, werde tikons weder in den alten und schwerfälligen noch in de mäßen High-Tech- und Leicht-Versionen benötigt. Man ka lein der Freiheit in ihrer Marktversion überlassen, den ganz und gar jenes Verhalten zu entlocken, das es für eine nietende globale Wirtschaft braucht.
Auf dem Weg zur unbestrittenen Herrschaft der po
1 1 Ökonom'e der Ungewißheit gehen republikan' ische Insti
als erste Opfer über Bord. Tatsächlich steht alles, was die Republik ausmachte, in scharfem Gegensatz zu den Zie Wirkungen der Politik der Ungewißheit. Als der große
Die Pathologie der fossilen Ressourcenp
s auf 64 Mrd. Dollar sanken. Lagen 1985 noch 48% aller, üstungsausgaben bei den NATO-Mitgliedsländern, so sind es - und dies ohne die zahlreichen »NATO-Kooperationsländer musgefahren sind eine fadenscheinige Begründung für diese ng, denn Terroristen können nicht mit Armeen bekämpft were Bedrohung durch Rußland ist angesichts des inneren Obermpfs und einer sich auflösenden Armee unwahrscheinlich. Es als Legitimation die Interventionsmöglichkeiten in regionalen die in zunehmendem Maße direkt oder indirekt Ressourcensind. Es ist weltpolitisch abzusehen, daß jene Länder, die einen den Bedarf an fossilen Ressourcen haben, in Zukunft einen größeren Anteil am zur Neige gehenden Gesamtangebot beanund daher Allianzen schmieden werden gegen die amerleuropäisch-japanische Trilaterale, die bisher den Zugang zu 1
n kontrolliert. Bündn'sse nicht nur Chinas mit Rußland oder

uch vielleicht Rußlands mit dem Iran und sogar demnächst mit der EU abgewiesenen Türkei oder vielleicht der Türkei mit Pakistan und China könnten die Folge sein. Oder Japan schert rbündet sich mit China, um gemeinsam - und vielleicht auch n und Indonesien - den Blick auf die australischen Ressourcen n. Daß die Türkei nicht zuletzt auf ausdrückliche amerikanipfehlung Mitglied der Europäischen Union werden soll, hat ressourcenpolitische Grüiide, damit dieses Land keine anderen e eingeht. Nicht zufällig sind Süd-, Südost- und Zentralasien en Regionen, in denen die Rüstungsausgaben stark ansteigen: 1985 und 1997 von 120,6 Mrd. auf 16o,8 Mrd. Dollar, gemessen ungswert des Jahres 1997.

urcene_qol .smus zum Werte- und Geseitschaftszerfall

ßland oder Somalia, in Indonesien oder Mexiko, im Kongo ri Lanka, in Jugoslawien oder Algerien, in Angola oder Georigeria oder Afghanistan, in Ruanda oder Usbekistan: Die Beifallender Politischer Ordnungen und blutiger Auseinanderhäufen sich. Sie sind ethnisch, religiös oder nationalistisch und bieten einen Vorgeschmack auf Konflikte, die auf uns n werden, weil

Die politischen Kosten fossiler Ressourcerikonflikte 117

sich die schon jetzt höchst ungleiche Verteilung der fossilen Weltreserven mit deren unausweichlicher Verknappung scharf zuspitzen

wird;

die sich ausbreitenden, fossil bedingten Umweltkatastrophen - neben eventuellen atomaren Unfällen - die Lebenschancen von immer mehr Menschen gewaltsam beschneiden.

Daraus entstehen Lebensraum- und Lebensnotstände, die zur Saat uferloser Gewalt und blutiger Exzesse werden. In diesen werden dann die historisch eingeübten Mechanismen der Auslese von Menschen durch Menschen willkürlicher und unerbittlicher denn je praktiziert. Was auf den ersten Blick als ethnischer oder religiöser Konflikt erscheinen mag und das Einschreiten der aufgeklärten ordnungsmächte im Namen der Menschenrechte erzwingt, wird in Wahrheit durch deren Ressourcen-

egoismus verursacht.

Am Horizont des 21. Jahrhunderts zeichnet sich eine Verrohung und Brutalisierung der inner- und zwischenstaatlichen Beziehungen und die fortschreitende Auflösung von Staatensystemen ab: entweder in einen anarchischen Zustand wie in Somalia oder in immer weitere Aufsplitterungen wie in der Sowjetunion und möglicherweise bald auch in Rußland selbst, die vielleicht auch irgendwann in Indonesien, China und Indien stattfinden könnten. Es ist nicht damit zu rechnen, daß die Auflösung politischer Ordnungen immer so glimpflich - also ohne Gefährdung des Weltfriedens - verläuft wie bisher in der Sowjetunion. Daß der Bestand der Europäischen Union selbst dann gesichert wäre, wenn ein Ressourcennotstand zu tiefgreifenden wirtschaftlichen Erschütterungen führt, ist ebenfalls mehr als fraglich.
Mit Elementen einer »global governance« gelang es wiederholt, Konflikte einzudämmen, die die unmittelbaren Kontrahenten nicht mehr lösen wollten oder konnten. »Autoritäten« von außen können gelegentlich mäßigend wirken und dabei helfen, einen neuen gesellschaftlichen Ordnungsrahmen zu konstruieren. Dies ist möglich, solange die Interessengegensätze noch überbrückbar und die Konfliktgründe nicht heillos sind, und wenn die helfenden Hände sich tatsächlich für allgemeingültige Werte - den Schutz von Menschen und einen fairen Interessenausgleich - engagieren. Bei Ressourcenkonflikten jedoch ist der Nerv der großen Industrienationen unmittelbar getroffen, verfolgen die politischen und wirtschaftlichen »global players« hemmungs- und
Zeiten, in dei)eii die Techniken der Indoktrinatioii gleichermaßen ehiiieii wie die Sehnsucht nach gridliiiiger Auflösung atiwachsenKonfliktiiieiigeil, ist es ilötiger als früber, zeichenhaft an eine stets handene Gef@ihr zu erinnern: auch die lebendigste Ausgestaltung an Taleiiten i-elcliste Individualität einer Kultur ist immer bedroht der kollektiven Sehnsucht nach Harmonie auf niedrigstem geinsai-iieiii Nenner.
13raiidfleckeii titeii so manchem Ktiltur-Pasenfleck gut - vor allem
nkfurt und Leipzig iiiit ihren jährlichen Büclierschauen.
Wer dort sieht, wie viele jugendliche iiiit von Prospekten über-
Ilendeii Illastikt@iteii und gleichermaßen mildem wie sehiisüchti-
i Blick durch die Messegasseii zwischen den Verlagsk . en schlurfen,

Oi
'f3, wie iizit'" in der T'telüberftille der Gegenwart die Erinne-

wei 1 11 1 1 1

g an 'ene Vernichtung ist, die der Anfang des deutschen Massen-

i

rdertuiiis war. Wie sollen sie, die jüiigeren, die mit der Mühe auf-

hsen, in der Meii,@e der Koiiiiiiuiiikations-Versprechen ihren We

9
finden, eine Ahnung bekommen vorn Wert des freien Wortes -
ii iiiaii ihnen nicht einmal an einem Fleck verbrannten Pasens

en kann, wie Gewalt zuerst den Geist auslöscht, bevor sie den
ag durchdriii@,t?

tschlaiid tut sich nicht schwerer als andere L nder, sich an die

teren Stelleii seiner Geschichte zu erinnern - aber es hat mehr

iid dazu, seine Widerstiiide zu überwliiden; die Auseinander-

uii- Liiii die (;edeiiksteiiie Ctir den Todesiiiarsch der 1)achauer
liii"e 1945, ebenso wie die um das grc)f3e Mahniiial in Berlin,
en gezeigt, daf3 so i-iiaiicher Politiker Erliinertingszeicheii an unser

lisatorisches Versageii und an unsere Filiigkeit zur Barbarei als zu
es Pisiko ftir die eigene W,'jlilb@irkeit eiiischätzt.
)af@ Erinnerung aber die eii)zige Chance für eine lobenswerte

ui)ft ist, iiiiif3te sich auch in der Lokalpolltik herumgesprochen
en, die ja flir die Ereignisse vor Ort mehr Verantwortung trägt als

Politik iibergreifelider 11,egeltiiigeii.

r in Fraiikftirt tiiid in Leipzig 'ehrlich zu den neuen Bücliern
t, könnte ihrer) Wert und ihre Bedeuti-ing ftir die Freiheit unserer

ellscliaft vermutlich b@,ser begreifen, wenn iliii die Spur einer

0

Brandstätte daran erinnerte, tilit welcher suizidal ihre Literatur veri)ichteten und iiiit weich unhe nach dein Ende der Naz'd'ktatur die ex'Iierten ren um ihre l@ückkelir betrogen haben.
Pierre Bourdieu hat uns vor kurzem an die alte und universal Itige Regel erinnert: die »Fähigkeit, Zukunftsprojekte zu entrfen ... ist ... die Voraussetzung für'egliches sogenanntes ratioes Verhalten ... Paradoxerweise muß man ... wenigstens ein nimum an Gestaltungsmacht über die Gegenwart haben, um revolutionäres Projekt entwerfen zu können, denn letzteres ist mer ein durchdachtes Bestreben, die Gegenwart unter Bezugme auf einen Zukunftsentwurf zu verändern9 In der Situation heute lebender Männer und Frauen kann von er »Gestaltungsmacht über die Gegenwart« allerdings sichtlich ine Rede sein. Keines der entscheidenden Druckmittel und ine der wichtigen Schutzvorrichtungen für ihre gegenwärtige ation unterliegen ihrer Zuständigkeit, geschweige denn ihrer zeln oder gemeinsam ausgeübten Kontrolle. Einige dieser ckmittel wurden bereits von Angriffen mysteriöser Kräfte mit unterschiedlichen Namen wie »Rezession«, »Rationalisierung«, nkende Nachfrage« und >,Verschlankung«, getroffen. Doch die hläge sind weit über ihre unmittelbaren Ziele hinaus zu spüren, d es traf nicht nur jene, die über Nacht herabgesetzt, degradiert, er Würde und/oder ihres Lebensunterhaltes beraubt worden d. Jeder Schlag enthält eine Botschaft an alle, die noch einmal r eine gewisse Zeit) davongekommen sind, und zwingt sie, ihre kunft nach dem Ernst des wahrscheinlichen Urtellsspruches d nicht nach der (unbekannten) Dauer seines einstweiligen

1

fschubs einzuschätzen. Die Botschaft lautet schlicht: jeder ist überflüssig oder ersetzbar, so ist jeder verwundbar und e soziale Position - wie hochstehend und machtvoll sie im Aunblick auch erscheint - auf längere Sicht gefährdet; selbst die vi 'legien sind brüchig und bedroht.



ierre Bourdieu, »Prekarität ist überall«, in: Gegee@uer, Wortmeidi@ngen im Dienfte def nds gegen die neoliberale Iniasion, Konstanz i998, S. 98, 97.

244

Die Schläge mögen gezielt sein, die Verwüstung, die sie ten, ist es nicht. Die Angst, die sie hervorrufen, verbreit atmosphärisch diffus: @>Weder dem Bewußtsein noch dem bewußten läßt sie jemals Ruhe«, so Bourd'eu über d'

1 ie sp
»Prekarität« der Situation. Um den Gipfel zu erkl'

1 immen, mu mit beiden Beinen sicher auf dem Boden stehen. Doch gera

Boden fühlt sich immer schwankender, instabiler, unsicher unzuverlässiger an - er ist kein fester Grund, auf den man di vor dem Absprung aufsetzen kann. Das Vertrauen, diese behrliche Bedingung allen rationalen Planens und zuve lieben Handelns, ist freischwebend und sucht vergeben einem Halt, der fest genug wäre, um als Boden für ein Kata

1

dienen. Die »Prekarität«, beobachtet Bourdieu, hat »tiefgr Auswirkungen. Indem sie die Zukunft Oberhaupt im Unge läßt, verwehrt sie den Betroffenen gle'chze't' . ede rationa 1 1 ig )

wegnahme der Zukunft und vor allen Dingen 'enes M'nd

1 1

an Hoffnung und Glauben an die Zukunft, das für eine vo kollektive Auflehnung gegen eine noch so unerträgliche

wart notwendig ist

Heutzutage beschwert man sich gern über den wachsend hilismus und Zynismus unter Männern und Frauen unser über ihre kurzsichtigen oder fehlenden Lebensentwürfe, ih rd'schen und egoistischen Wünsche, ihren Hang, das Le Episoden zu stückeln, um sie dann ohne Rücksicht auf Fo zur Neige auszukosten. Es gibt genügend Belege für die würfe. Die meisten der fulminanten Prediger gegen den M fall vergessen allerdings zu erwähnen, daß die verwerfl'c

1

denz, die sie verteufeln, ihre Kraft daraus bezieht, die ra Antwort auf eine Welt zu sein, in der man gezwungen '

1 1 ist,

kunft eher als Bedrohung denn als Zuflucht oder gelobtes sehen. Und genauso versäumen es die meisten Kritiker zu sichtigen, daß diese Welt wie jede andere menschliche We von Menschen geschaffen wurde, und sie als solche - weit
Die Pathologie der fossilen Ressourcen

c brisant dieses KonfliktpOtelltial ist, zeigt sich besonders vor rgrund des wachsenden Eiiergiehungers Chinas und Indiens, r Bedarf Chinas an fossilen Brennstoffen für Kraftwerke noch bei Mio t ROE. Er stieg auf 877,8 Mio. t im Jahr i996 - also eine Verhung in nur 20 Jahren! Allein der Verbrauch an Erdöl, bei dem lange Zeit noch Selbstversorger war, stieg zwischen 1986 und 1996 was fast einer Verdopplun '

g,n nur zehn Jahren gleichkommt, tlich wachsendem lmportbedarf. Der fossile Brennstoffbedarf s für die Stromproduktion stieg zwischen 1976 und 1996 vo n 57 Mio. t ROE - also um das Sechsfache. Der fossile Brennstoffch in Kraftwerken stieg zwischen 1976 und i996 von 300 Mio. auf - t ROE - eine Steigerung um das Fiinfeinhalbfache. Der Erdölch Asiens - ohne Japan, Korea und die asiatischen Teile der eheSowjetunion - verdreifachte sich seit 1976 und verdoppelte sich n i986 und 19968(I (siehe Tabelle 5). e Bedürfnisse stoßeii sich am trotz all dieser Steigerungsraten noch weit überproportionaleii und weiter steigenden Energieedarf der fahrenden lndustrieländer. Diese Entwicklung läßt mweltkatastrophen kalte Wirtschaftskriege und heiße Waffenfürchten.

statt auf erneuerbare Ressourcen zu setzen, richtet sich die ResGeopolitik darauf ein, potentielle Konkurrenten gegeneinanspielen oder matt zusetzen, und zwar auf zwei Wegen: Der eine igorose Versuch, den Weltmarkt als globales wirtschaftliches sprinzip einzufahren, um alle Türen für den ungehinderten eöffnet zu halten. In diesem Weltniarkt könnten sich die "westdustrieländer mit ihren transnationalen Unternehmen, ihrer aft für Investitionen, ihrer Kaufkraft, ihrem Technikvorsprung dominierenden Einfluß auf die internationalen Institutionen tieranteil an den Ressourcen sichern. Auf dem zweiten Weg ihre militärtechnologische Oberlegenheit und globale Operakeit aus, um die Nachfragekonkurrenten notfalls militärisch ranken weisen zu können.
xperten rechnen damit, daß die Konflikte um den Zugang zu ndigen Wasserreserven am schnellsten zu Kriegen eskanten. Solche Konflikte schwelen vor allem zwischen den LänWasserversorgung von denselben großen Strömen abhängt. phisch an der Quelle sitzt, hat die Möglichkeit, sich zu Lasten

Die politischen Kosten fossiler Ressourcenkonflikte

der anderen Anrainer zu bedienen: entlang des Nils der Sudan gegenüber Ägypten oder entlang des Euphrat die Türkei gegenüber dem Irak." Auch diese Konflikte sind existentiell, aber sie bleiben auf bestimmte Regionen begrenzt. Im Unterschied dazu haben die 1 Konflikte um die fossilen Ressourcen globale Dimensionen, auch wenn sie bisher vordergründig regional ausgetragen wurden. Doch mit zunehmender

ssourcenverknappung wird sich die weltpolitische Szenerie in den Re

nächsten Jahrzehnten nahezu zwangsläufig von Grund auf ändern. Auch wenn es nicht zu großen Kriegen kommen sollte: Die große Aufrüstung

ist bereits im Gange.
Unverkennbar ist etwa der Zusammenhang zwischen der atomaren Aufrüstung im islamisch-indischen Raum und dem Ressourcenkonflikt. Die fahrenden Industrienationen beteiligten sich seit dem Sturz des Schahs 1979 ebenso solidarisch an der Isolierung des Iran, wie sie im Jahr iggi bei der unvollendeten Exekution des Irak zueinanderstanden. Daß es dabei um Strafmaßnahmen ging, weil diese Staaten die Ressourcendominanz in Frage zu stellen wagten, ist naheliegend. Bei den folgenden gelegentlichen Raketenstrafaktionen gegen den Irak geht es um die Unterbindung von dessen atomaren Rüstungsambitionen. Doch ebendiese Aktionen bringen andere Länder im globalen Ressourcenkonflikt dazu, ihre atomaren Rüstungsanstrengungen zu beschleunigen: Sind sie erst einmal Atommacht, so ihre Folgerung aus dem Irak-Konflikt, so wird die amerikanische Supermacht mit ihnen nicht mehr so umspringen können wie mit dem Irak. Diese Überlegung erklärt die iranischen Atomwaffenpläne. Mag die indische und die pakistanische atomare Aufrüstung, die zu den spektakulären Atomtests von i998 führte, auch in erster Linie im pakistanisch-indischen Konflikt begründet sein - das darüber hinausgehende Motiv ist, sich durch atomare Stärke weniger erpreßbar zu fühlen. Chinesische Politiker begründen ihr kompromißloses Festhalten an Atomwaffen explizit damit, bei ihrem rapide wachsenden Bedarf an Importressourcen eine Position der Stärke anzustreben.
Insgesamt sind die westlichen Rüstungsausgaben keineswegs in dem Maße gesunken, wie es das Ende des Ost-West-Konflikts geboten hätte, trotz nahezu überall um sich greifender Krisen der Staatsfinanzen. Lagen, den Berechnungen des »International Institute for Strategic Studies« in London zufolge, die NATO-Rüstungsausgaben i986 bei 585 Mrd. Dollar und die der Sowjetunion bei 343 Mrd. Dollar, so beliefen sich die der NATO 1997 immer noch auf 454 Mrd. Dollar, während die
AM ABGRUND DER KOMPLEXITÄT

In dem elektronischen Dorf, zu dem die Welt geworden ist, sind neue strukturelle Eigenschaften bei den technischen Systemen entstanden, die als Bewußtseinsextensionen die Existenzbedingungen reflektieren, in die sich der postindustrielle Mensch geworfen vorfindet. Diese Existenzbedingungen sind gewissermaßen über ihre eigene Beschreibbarkeit gekippt, so daß man Heideggers Die Sprache ist das Haus des Seins» überführen kann in Elektdzität ist das Haus der Sprache«. Um sich nun einer Beschreibung der hyperrealen Existenz anzunähern, lassen sich nur noch die strukturellen Eigenschaften heranziehen, die die subliminale Ebene des Medienkollektivs bestimmen - zusammengefaßt unter dem Begriff einer»infinitesimalen Komplexität«. Die beiden entscheidenden Strukturmerkmale, die die Basis für intellegible Systeme bilden, sind die Rekursivität (ein System, das sich selbst enthält) und die lteration (die Anwendung eines Systems auf sich selbst). Rekursion und lteration schaffen Hierarchien der Selbstähnlichkeit; und zwar die erstere nach unten, d.h. in Bezug auf ein System niederer Ordnung, letztere nach oben, d.h. die Anwendung des Systems in einer höheren Ordnung. Im Unterschied zu einfachen kybernetischen Mechaniken, die linear funktional sind, ergeben sich aus Rekursion und Iteration unendliche Modulationsketten, eine permanente Korrektur der Ergebnisse, die dieses System herstellt. Die rekursive Schleife und die iterative Schachtel verselbständigen den steuerungstechnischen Prozeß.
Die Komplexität, selbst nicht mehr als der Intensitätsgrad von Rekursion und Iteration innerhalb einer Struktur, erscheint auf einmal als eine variable Größe, die sich durch ein selbstinduzie-



82

rendes Verfahren verbessert: sie wird »infinitesimal« und zugleich unscharf.

Diese Entwicklung führt zur Unberechenbarkeit von Systemen durch ihre eigene Perfektionierung: Die infinitesimale Komplexität bedroht sich selbst.
Der Grund dafür liegt in den Strukturmerkmalen selbst. Rekursivität, die sozusagen eine Kontrollinstanz für die Funktionstüchtigkeit des Systems ist, zieht Redundanz nach sich, die Iteration, die eine Art Lernprozeß des Systems simuliert, erzeugt die metasprachliche Leere. Die Überzüchtung der intellegiblen Systeme läßt die infinitesimale Komplexität in das Schwarze Loch ihrer Unschärfe stürzen, in die Unentscheidbarkeit.
Auch abgesehen davon, daß rekursive und iterative Intensitäten nicht beliebig steigerbar sind, stellen sich charakteristische technische Probleme ein: mit steigender Komplexität werden Systeme bekanntlich auch anfälliger, bis die technisch bedingten Ausfälle den Zeitgewinn durch das effizientere Arbeiten nicht mehr kompensieren können. Die Komplexität des Systems erhöht auch die Komplexität seiner Störfaktoren. Baudrillard hat dieses Verhältnis in der Metapher des Virus ausgedruckt: je komplexen ein System' ist, desto mehr neigt es dazu, selbst einen Virus mit zu produzieren, der es angreift - eine fatale Strategie der Objekte. '
Es müssen also Metasysteme geschaffen werden, die ihrerseits Komplexität durchrationalisieren, wiederum mit den Mitteln von Rekursion und Iteration. Um das Ausufern der Komplexität zu verhindern, bedürfen die kybernetischen Systeme ihrerseits einer iterativen Steuerung und einer rekursiven Kontrolle, kurz eines Expertensystems.

Jean Baudrillard: Transparenz des Bösen, übers. von Michaela Ott, Berlin, 1992, S. 71 ff.






















   User-Bewertung: +1
Assoziationen, die nur aus einem oder zwei Wörtern bestehen, sind langweilig.

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »Asche«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »Asche« | Hilfe | Startseite 
0.0305 (0.0018, 0.0273) sek. –– 850262449