Es wird gern darauf verwiesen, dass es in Deutschland keine Armut geben würde, weil diese ja nur den Menschen in Bangladesh, Weißrussland oder SierraLeone zuerkannt werden könne, weil die ja nunmal im Vergleich betrachtet wirklich 'nen Dreck haben. Gern wird dies mit einer ökonomischen Rechnung unterstrichen, in der das Ergbnis ist, dass Ranjid Temalolam aus Kalkutta für eine Rente von €800 etwa 23 Jahre arbeiten müsste, um überhaupt den Geldbetrag an sich zu verdienen und überhaupt müsse man auch endlich mal mit der ganzen Jammerei aufhören und akzeptieren, dass das alles nicht so weitergehen kann. Letzterem stimme ich zu, es kann tatsächlich nicht mehr so weitergehen, denn gestern oder vorgestern stand ich an der Fleischtheke im Supermarkt, weil man mich dazu herangezogen hatte, Fleisch in Form von Gehacktem zu erwerben, als da vor mir eine augenscheinlich sehr alte Dame im braunen Rock und gelben Pullover, welche hervorragend als ein modisches Ensemble im Erfurt der frühen 70er sozusagen todschick gewesen wäre mit altersbefleckten zittrigen Fingern auf diverse Wurstwaren wies, um die jeweiligen Kosten zu erfahren und bei jedem ängstlich zurückwich, wobei ihre Augen zunehmend nervöser zuckten und sie sich am Ende im Gesicht wischte und mit einem »Ojeh ...« freundlich zu sagen, dass sie doch lieber nichts nehmen würde und schließlich ging sie krampfaderbehaftet nur mühsam davon ...
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