griechischer Philosoph, * 384 v. Chr. Stageira (Thrakien), † 322 v. Chr. Chalkis; wurde in Athen Schüler Platons und 342 Erzieher Alexanders des Großen (Alexander III. von Makedonien), kehrte 336 nach Athen zurück, um eine eigene philosophische Schule zu gründen, die als Schule der Peripatetiker bezeichnet wird. Nach Alexanders Tod musste er, der Gottlosigkeit bezichtigt, aus Athen fliehen und ging nach Chalkis (Euböa).
Die von Aristoteles überlieferten Werke umfassen Logik, Metaphysik, Naturphilosophie, Ethik, Politik, Psychologie, Poetik und Kunsttheorie. Die logischen Probleme werden im »Organon« behandelt, das aus der Kategorienschrift, der Hermeneutik, den beiden »Analytiken«, der Topik und der Schrift »Über die Trugschlüsse der Sophisten« besteht. Die Metaphysik, die Aristoteles »Erste Philosophie« nennt, forscht nach den Anfängen und Ursachen aller Dinge, wirft die Frage nach dem Seienden als solchem auf, entfaltet den Fundamentalbegriff der ousia (Substanz) und erörtert das Verhältnis von Möglichkeit und Wirklichkeit. Die Schrift über die »Physik« ist der physis, der »Natur«, gewidmet, d. h. der Frage nach Raum, Zeit, dem Leeren, der Bewegung u. Ä. Daran schließen sich die Schriften »Über das Himmelsgebäude« und »Über Entstehen und Vergehen« an. In drei Schriften, in der »Eudemischen«, »Nikomachischen« und »Großen Ethik«, wird das Problem der Tugend, der Glückseligkeit und des Tugendwissens zum Thema. In der Staatslehre (»Politika«) findet die Ethik ihre praktische Anwendung, denn der Staat ist für Aristoteles die höchste Form der Sittlichkeit. Der Mensch - definiert als Zoon politicon (geselliges Wesen) - bedarf zu seiner Vervollkommnung der Gemeinschaft mit anderen. Aristoteles kritisiert sowohl die bestehenden als auch die möglichen Staatsformen und zeichnet das Bild der »besten Polis«. Von großer Bedeutung ist die Schrift »Über die Seele«, die das Lebensprinzip als prägende Form alles Beseelten versteht. Eine Reihe von naturwissenschaftlichen Einzelfragen wird in philosophischer Sicht behandelt in den »Parva Naturalia«.
Die Philosophie des Aristoteles ist hervorgegangen aus der Auseinandersetzung mit Platon. Hatte die platonische Ideenlehre die Gesamtheit dessen, was ist, zerteilt in die eigentliche Wirklichkeit der nur im Denken vernehmbaren Ideen und in die uneigentliche Seinssphäre der Sinnendinge als bloßer Schattenbilder (Höhlengleichnis), so überwand Aristoteles diesen ontologischen Dualismus, indem er das Eidos ( = Idee) als die strukturprägende Seinsmacht im erscheinenden Seienden begriff. Er deutete die Idee als Entelechie: Alle Dinge sind unterwegs zur Verwirklichung ihres einwohnenden Wesens.
Entscheidende Bedeutung gewannen für Aristoteles vor allem zwei Denkmodelle: die Techne und die Sprache. An der Techne, der handwerklichen Verfertigung, unterschied er viererlei: den Stoff, die einzuprägende Form, das Woher und das Ziel der Fertigungsbewegung. Wie der schöpferische Mensch (Technit) zusammenfügt, so ist schon jedes Seiende je ein Gefüge aus Form und Stoff und steht im Bewegungsgeschehen. Die Struktur des Dings wird in Analogie zum kunstvollen Menschenwerk (Artefakt) interpretiert. - Ebenso kennzeichnend für das Denken des Aristoteles ist seine Benutzung der Sprache als eines methodischen Leitfadens: Die unterschiedichen analogen Weisen, wie vom Seienden gesprochen und dessen Sein ausgesagt wird, führten ihn zur Aufstellung der kategorialen Grundbestimmungen aller Dinge (Kategorien). Die Analogie wurde für Aristoteles nicht nur zu einem Erkenntnismittel ersten Ranges, sondern zum Gliederungsprinzip des Seins selbst. Und schließlich ist seine Theorie der Bewegung, die vier Arten unterscheidet (Entstehen-Vergehen, Zunehmen-Schwinden, qualitative Veränderung und Ortsbewegung), die spekulative Krönung seiner Philosophie und mündet mit dem Begriff »des unbewegten Bewegenden« in eine Theologie.
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