Beschwerden älterer Männer sind nicht allein auf
Testosteronmangel zurückzuführen
Nutzen einer Androgentherapie noch
umstritten
Lübeck (nke). Etwa 30 Prozent der Männer zwischen 65 und 80
Jahren haben einen erniedrigten Testosteronspiegel. Ob das
Krankheitswert hat, ist umstritten. Denn auch andere
Hormon-Defizite, das Alter selbst sowie Krankheiten beeinflussen
den Gesundheitszustand und das Wohlbefinden älterer Männer.
Über den therapeutischen Nutzen einer Testosteron-Applikation
weiß man nach Angaben von Dr. Rolf Eichenauer aus Lübeck
bisher zu wenig.
Tatsache ist, so Eichenauer, daß ab dem 40. Lebensjahr der
Testosteronspiegel bei Männern um im Mittel ein Prozent pro Jahr sinkt.
Tatsache ist auch, daß mit dem Alter Schlafstörungen, Müdigkeit und
depressive Verstimmungen zunehmen. Libido, sexuelle Aktivität,
Muskelmasse und Knochendichte nehmen ab. Diese Veränderungen
kommen auch bei Männern mit Hypogonadismus vor.
Es sei jedoch nicht gerechtfertigt, die Erkrankungen und Beschwerden
älterer Männer allein auf einen Androgenmangel zurückzuführen, so
Eichenauer bei einer Fortbildungsveranstaltung in Lübeck.
Um die Lebensqualität älterer Männern zu steigern, reiche es auch nicht
aus, durch eine Therapie ein Symptom oder einen Laborwert zu
verbessern. Es werde ein ganzheitliches Therapiekonzept benötigt.
Bisherige Studien zum Nutzen einer Testosteronbehandlung auf kognitive
Fähigkeiten, Muskelkraft, Stimmung und Knochendichte hätten
widersprüchliche Ergebnisse erbracht, so Eichenauer. Bisher sei kein
eindeutiger Nutzen erwiesen. Zudem sei auch ungeklärt, was man
substituieren sollte. Zur Auswahl stehen außer Testosteron auch
Dehydroepiandrosteron, Östrogene oder Melatonin.
Auch das erhöhte Risiko für ein Prostatakarzinom bei Testosterontherapie
sollte berücksichtigt werden, ergänzte Dr. Wolfgang Aulitzky aus Wien.
Auf jeden Fall sei während der Therapie das prostataspezifische Antigen
engmaschig zu kontrollieren.
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