1969, nach dem Zusammenbruch der großen Koalition, als-Willy-Brandt-Bundeskanzler-war, trat die Limone ihren Siegeszug auf dem Weg zum Volksnahrungsmittel an. Ähnlich wie brandenburgische Bauern gut 200 Jahre zuvor nur mit Tricks und Drohungen zum segensreichen Anbau und Verzehr der Kartoffel gebracht werden konnten, bedurfte es auch bei der Limone subtiler Mittel, um die postadenauerischen Verkrustungen zu sprengen: Da Limonen von der Mehrheit der BRD–Bevölkerung als 'unreife Zitronen' abgelehnt wurden, ersann ein Think tank rund um den charismatischen Landwirtschaftsminister Josef Ertl die Operation 'Frisches Angebot', abgekürzt FA. Als Badezusatz 'mit der wilden Frische von Limonen' beworben, brachen die Werbekampagnen zugleich mit dem rigiden Nacktverbot der Vorjahre - jetzt räkelten sich nacktbusige Schönheiten in Badewannen, die angefüllt waren mit einer grüngelben Flüssigkeit, jenem geheimnisvollen FA; andere rannten in ungenierter Zweisamkeit über menschenleere Strände, von Limonenbäumen beschattet - es wurde ein beispielloser Erfolg, und schon bald gingen, wie erhofft, erste Anfragen nach der geheimnisvollen Frucht ein, die als Badezusatz in fast allen Haushalten verbreitet war. Auch die Intellektuellen der damaligen Zeit engagierten sich für die gute Sache: Sämtliche Limonenandeutungen in Fassbinders frühem Meisterwerk 'Händler der vier Jahreszeiten' aufzulisten, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, keine der großen Chansonsängerinnen dieser Zeit, ob Hilde Knef, ob Alexandra, die nicht einen Limonensong ins Repertoire genommen hätte. Und heute? Limonen, wohin das Auge reicht. Nur das konspirative FA ist zu einem Nischenprodukt herabgesunken und findet seinen Platz heutzutage eher in der Hausbar, wo es mit Ethanol vermischt seine Dienste als missmutig herangezogenes Caipirinha–Surrogat fristet.
Naja, gerade der Schluss ist etwas schwach, aber s.o...
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