Mein Leben als Alchemistin 04
Unser Fürst hatte endlich den Platz für seinen Nachfolger frei gemacht. Weil ich ihn mit meinen weiblichen Reizen zur Adoption meines Mannes Jakob überredet hatte, ist dieser zum Oberhaupt unseres Fürstentums aufgestiegen. Wir hatten uns geschworen, die Frondienste unserer Bauern sowie die militärischen Nachbarschaftszwistigkeiten durch ein friedliches Miteinander zu ersetzten. Jetzt war die Zeit fast reif für diesen Umbruch. Fast, denn die sturen alten Familienoberhäupter der Fürstenfamilien in der Nachbarschaft hatten noch immer das Sagen. Also begannen wir ganz diskret damit, die Nachkommen der umliegenden Fürstenhäuser regelmäßig zu zwanglosen Treffen einzuladen.
Im Umgang mit den jungen Erben fuhren wir zwei unterschiedliche Taktiken. Einerseits zeigten ich ihnen bereitwilligst unsere von meinem Meister, dem inzwischen wieder rehabilitierten Hofalchemisten, schon vor Jahren ausgetüftelten fast unüberwindlichen Verteidigungsanlagen. Außerdem hatten wir eine kleine aber feine Folterkammer vorzuführen, deren Opfer genau die jungen Nachkommen der umliegenden Fürstenhäuser würden, falls sie eines Tages in unsere Gefangenschaft gerieten. Dabei stellte ich mich gerne als Demonstrationsobjekt zur Verfügung. So glaubten mir die jungen Leute mit einem Schmunzeln im Gesicht aufs Wort, dass die vorsichtig angewendeten Foltermethoden durchaus auch sexuelle Erregung erzeugen.
Andererseits versuchten wir die Sprösslinge zu überzeugen, dass wir viel Geld und Menschenleben sparen würden, wenn wir unserer Soldaten abschaffen würden. Zusätzlich käme es zu einem blühenden Handel, wenn wir außerdem die bewachten Grenzen nieder rissen. Damit waren wir noch unserer Zeit weit voraus, aber die Zeit arbeitete für uns.
Die regelmäßigen Treffen der Fürstensöhne und -Töchter wurden zu einer regelrechten Verschwörung gegen die alte Generation. Niemals zuvor hätten wir geahnt, dass sie auch zu einer Art Partnerbörse der jungen Nachkommen wurden. Das war übrigens der Hauptgrund für die allmähliche Erweiterung des Mitgliederkreises. Praktisch sämtliche Liebschaften und späteren Ehen zwischen den näher liegenden Fürstentümern hatten ihre Ursprünge in unseren diskreten, zwanglosen Treffen.
Inzwischen war unser Einfluss so groß, dass wir es uns leisten konnten, unsere kostspieligen Soldaten bis auf wenige Verteidiger für alle Fälle abzubauen. Auch die Frondienste der Bauern ließen sich so abschaffen. Wer nicht von seiner Hände Arbeit lebte, verdiente mehr als genug Geld durch Handel. Wegen unserer langjährigen Vorarbeit schlossen sich die benachbarten Fürstentümer nach dem Tod der alten Oberhäupter nach und nach zu gerne unseren Ideen an. Nachdem die politischen Hürden genommen waren, konnten wir uns wieder der Forschung widmen.
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