Mein Leben als Alchemistin 01
Der Meister stellte mich als Assistentin ein, obwohl ich eine Frau bin. Ihn überzeugten mein Interesse an der Natur und meine aufmüpfige Einstellung gegenüber Pfarrer und Kirche. Er brachte mir die Grundlagen der Alchemie bei, von denen einige viele Jahre später auch die Grundlagen der Chemie werden sollten.
So durchstreiften wir gemeinsam die Landschaft auf der Suche nach brauchbaren Mineralien für unsere Experimente. Meine oft naiven Fragen inspirierten ihn zu bislang ungewohnten Überlegungen und neuartigen Gedankengängen. In diesem Sinne war ich für ihn so etwas wie eine Muse. Obwohl ich ihn sehr mochte und in meiner Phantasie fast regelmäßig verführte, gab es zwischen ihm und mir keine erotische Beziehung, wie sie meistens ein Künstler mit seiner Muse pflegt. Noch nicht.
Natürlich leistet sich ein Fürst nur einen Alchemisten, weil er mit dessen Hilfe Geld und Macht vermehren will. In den letzten Wochen war mein Meister sehr deprimiert. Sein Fürst will endlich Gold sehen. Die Hauptaufgabe eines Alchemisten war nämlich die Herstellung von Gold und nicht die Erforschung der Natur. Obwohl mein Meister glänzende Ideen hatte, die Feinde von Angriffen auf die Burg abzuschrecken und auch die Schädlinge im Garten zu bekämpfen, wurde der Druck zur Goldherstellung immer größer. Er wusste, dass er diesen Wunsch niemals erfüllen kan. Trotzdem berichtete er dem Fürsten regelmäßig von Fortschritten seiner Forschung, um unseren Lebensunterhalt zu gewährleisten.
Als mein Meister kurz davor war, sich von der höchsten Burgzinne zu stürzen , sah ich mich gezwungen, ihm neue Lebensgeister einzuhauchen. Ich verführte den Mann, dem Sex vermeintlich nur wenig bedeutet. Ich hatte mich gründlich in ihm getäuscht. Er war meinen Künsten gegenüber sehr aufgeschlossen. In seiner Phantasie hatte er mich wahrscheinlich schon oft genommen. Seine ständige Beherrschung, um mir nicht zu nahe zu treten, hatte ihn viel Kraft gekostet.
Schlagartig ist unsere Beziehung von der Phantasie in die Wirklichkeit übergegangen. Er konnte kaum noch die gemeinsamen Stunden am Abend abwarten. Nach und nach dehnte sich unsere sexuelle Beziehung auf den gesamten Tag aus. Immer wenn er nicht weiter wusste, suchte er Ablenkung in unserer körperlichen Liebe.
Schnell lernte ich von ihm, wie ich mit einem Mann umzugehen hatte, und worauf ich zu achten hatte, um nicht unerwünscht schwanger zu werden. Ein Wissen, das mir auch zukünftig weiterhelfen sollte. Unsere Beziehung war abwechslungsreich genug, um nicht zur Routine zu werden. Allerdings wurde daraus auch nicht die große Liebe, weil er unseren Altersunterschied für viel zu groß hielt und mich nicht an ihn binden wollte.
|