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Martin schrieb am 8.1. 2024 um 10:35:03 Uhr über

Abhärtung

Abhärtung gegen Schmerz und Kälte - davon will ich berichten:
ch bin jetzt 90 Jahre alt. War das einzige Kind liebevoller Eltern. Aber ich sollte ein harter Bursche werden, abgehärtet gegen Schmerz und Kälte, sportlich, mutig.
Prügelstrafe galt in meiner Jugend in viele Familien und in der Schule als normales Erziehungsmittel. Weil die Eltern es in ihrer Jugend auch nicht anders gekannt hatten. Weil sie Spaß daran hatten? Auch das gab es. Bei uns war es nicht so. Davon will ich erzählen.

Als 6-jähriger bekam ich zum Geburtstag einen Rohrstock geschenkt: „In der Schule kriegst du ihn zu spüren, wenn du faul oder frech bist. Wir wollen nicht, dass du zappelst und brüllst. Wir werden dich daran gewöhnen. Du kriegst von jetzt an den Rohrstock an jedem Wochenende zu spüren. Du bist und bleibst unser lieber Sohn.“
Viele Kinder in meinem Alter wurden verhauen. Das Schmerzgeschrei und Schimpfen der Väter hörte man im Sommer aus den geöffneten Fenstern. Bei uns nicht. Vater schlug hart zu. Ich lernte Schmerzgeschrei zu unterdrücken. Anschließend durfte ich wieder auf die Straße und vor dem Schlaf gab´s den Gutenachtkuss.
Jedes Jahr wurde die Wochenendabreibung verschärft. Es gab mehr Hiebe, den gewässerten Rohrstock, die Riemenpeitsche auf den Rücken oder die Oberschenkel. Aber wenn alles vorbei war, dann war es vorbei. Dann habe ich mit den Eltern Skat gespielt oder zwei Stück Torte verschlungen. Ich war nicht der einzige Junge mit sichtbaren Striemen unter dem Saum der kurzen Hosen Irgendwann war ich stolz auf solche Markierungen. Und mit 15 hatte ich einen Steifen wenn die Wochenabrechnung fällig war.

Kurze Lederhosen waren in meiner Jugend was heute Jeans sind. Von März bis Anfang November trug man sie, je kürzer, je besser. Es wurde gewettet, wer sie im Frühjahr als erster, im Spätherbst als letzter trug. Das Problem hatte ich nicht. Ich bekam eine Belohnung – Extrataschengeld – wenn ich Sieger war. Als Oberschüler trug ich die lange Trainingshose nur noch auf dem Weg mit dem Fahrrad zur Schule und tobte nachmittags wieder mit den Kurzen im Schnee. Wenn mich Leute bedauerten, sagte ich: „Ich will mich abhärten!“
Im Sommer blieben die Unterhosen weg. Wenn Sport auf dem Stundenplan stand, trug ich nur Turnhosen. Geschlafen wurde nackt, geduscht immer kalt. Ganz selten hatte ich Schnupfen oder Husten, nur manchmal Grippe. Meine Eltern hatten erreicht was sie wollten: Einen harten Sohn!

Tempora mutantur – die Zeiten ändern sich. Könnt ihr jungen Leute verstehen, dass ich meine Jugend genossen habe?





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