Vierzig Jahre zähle ich, ein häßliches Alter — der Mensch ist noch jung genug, Wünsche zu haben, und zu alt, sie zu verwirklichen. Da legt sich in jedem die drängende Unruhe, damit er für die Zeit der Kraftlosigkeit, die ihm bevorsteht, stark werde durch Gewohnheit und erworbene Sicherheit. Ich aber tue jetzt erst das, was ich längst hätte tun sollen, damals, in der Vollblüte des Körpers, als all die zahllosen Wege gut waren, alle Irrtümer ebenso nützlich wie die Wahrheiten. Schade, daß ich nicht weitere zehn Jahre hinter mir habe, damit das Alter mich vor dem Aufbegehren bewahrte, oder daß ich nicht zehn Jahre jünger bin, damit es mir nichts ausmachte. Denn dreißig Jahre, das ist noch Jugend, so meine ich jetzt, da sie auf Nimmerwiederkehr zurückgeblieben ist — Jugend, die sich vor nichts fürchtet, nicht einmal vor sich selbst.
Mesa Selimovic: Der Derwisch und der Tod
|