1987 war das Jahr meines Coming-outs... es begann ganz zaghaft im Januar mit einem verstohlen in das Türgitter der schwulen Kölner Buchhandlung »Lavendelschwert« geklemmten Kassiber, der - wie könnte es anders sein - an einen langhaarigen schnauzbärtigen Sumpfzigeuner bis 25 adressiert war und ganz konspirativ Anweisungen zum Treffen gab: am Ortsausgang von Chorweiler-Nord Richtung Worringer Bruch, meine Parole war »Kaldenkirchen«, worauf er mit »Sachverhalt« antworten sollte...
So im März, April schaltete ich dann meine ersten Chiffre-Kontaktanzeigen im »Marktplatz« (Rubrik »Er sucht Ihn«... Woche für Woche kreuzte ich dann in der Redaktion auf und ging mit Schmetterlingen im Bauch die eingegangenen Briefumschläge durch, bis schließlich Anfang Juli, kurz vor meinem 18. Geburtstag endlich etwas für mich dabei war... Andreas (!) hieß er, war 20 Jahre alt, tatsächlich ein schwarzmähniger Sumpfzigeuner und wohnte in Leverkusen-Opladen... ich konnte mein Glück kaum fassen und fuhr noch am selben Abend hin... aber die Kontaktaufnahme gestaltete sich schwierig, irgendwie kam immer irgendwas dazwischen und insgesamt hatte ich das Gefühl, dass er sich auch nicht ganz sicher war... so wurde es damals erstmal nichts, erst im März 1990 haben wir uns dann wirklich mal ausführlich getroffen und dabei nach einiger Zeit festgestellt, dass wir wohl doch nicht zueinander passten.
Aber zurück ins Jahr 1987... den Sommerurlaub meiner Eltern im Zillertal (!) nutzte ich für erste ausgiebige Streifzüge durch die Kölner Szene, SCH.U.L.Z., Aachener Weiher, Pimpernel (wo ich mich allerdings gerademal drei Meter weit reintraute, mich angesichts der Ledermacker im Schummerlicht an der Bar dann doch der Mut verließ, worauf ich fortan nicht mehr reingelassen wurde... aber wenige Wochen später musste das »Pimpernel« ohnehin der neu errichteten Sparkassen-Zentrale weichen), sexuell spielte sich aber noch nichts ab.
Im Oktober fiel ich dann im »Schrill« (Werbeslogan »Die Gay-Disco nicht nur für Gays« - später stellte sich der Laden als übler Strichertreff heraus), einer neu eröffneten Disco im Viertel rund um Groß St. Martin auf einen hübschen jungen türkischen Lockvogel herein - als ich ihn am darauf folgenden Wochenende wieder treffen wollte, lauerten mir da schon seine Gang-Kollegen auf und ich war erstmal 40 Mark los... Lehrgeld... da bekam mein bis dahin romantisch-erotisch gefärbtes Türkenbild seinen ersten Knacks... und war dann 1991, nach dem »Bomber Boys«-Überfall in der Frankfurter U-Bahn endgültig im Eimer, seither erfordert es mich regelmäßig eine gewisse Überwindung, mir den Unterschied zwischen Türken und Kanaklar vor Augen zu führen...
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